Rechter „Rechtskampf“ gegen Verbote

■ Neonazis planen eine Aktionswoche / Mobilisierung auch im Ausland

Berlin(taz) – Militante Neonazis machen mobil gegen die ausgesprochenen Vereins- und Parteienverbote. Zwischen dem 4. und 11. Dezember rufen sie zu einer „Internationalen Solidaritätswoche“ auf. Drahtzieher dieser „Rechtskampf“-Kampagne ist der Münchner Michael Swierczek, Chef der verbotenen „Nationalen Offensive“ (NO).

Im November letzten Jahres hatte das Bundesinnenministerium neben der NO auch die „Nationalistische Front“ (NF) und die in den neuen Bundesländern stark verankerte „Deutsche Alternative“ (DA) nach dem Vereinsgesetz verboten. Anträge beim Bundesverfassungsgericht auf Verbot der „Freiheitlich Deutschen Arbeiterpartei“ (FAP) und der Hamburger „Nationalen Liste“ sind gestellt. Die Innenminister von Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg haben bereits neonazistische Organisationen verboten.

Seither stellen Verfassungsschutzbehörden fest, daß die Szene zwar verunsichert ist, aber bereits Nachfolgeorganisationen existieren und die Grenzen zwischen den einzelnen Gruppierungen sogar fließender geworden sind. Mit Hilfe von nach außen hin abgeschotteten Computer-Mailboxen halten sie Kontakte aufrecht und koordinieren ihre Aktionen.

Seit dem Frühjahr gibt Michael Swierczek den Rundbrief Rechtskampf heraus. Tips, wie man Organisationsverbote umgehen kann, finden sich darin ebenso wie Informationen über die insbesondere von dem Hamburger Neonazi-Anwalt Jürgen Rieger geführten juristischen Schritte gegen die Verbote. Riegers Mandanten sind die „Nationale Offensive“ (NO), der verbotene „Freundeskreis Freiheit für Deutschland“ mit Sitz in Bochum und die „Nationale Front“, NF, für die er einen „9-Punkte- Plan zur Ausländer-Rückführung“ verfaßt hat.

„Die Verbotsopfer brauchen jetzt die Solidarität der nationalen Rechten“, fordert Swierczek in der neuesten Rechtskampf-Ausgabe. „In einer Zeit des wachsenden Terrors gegen die ultrarechte Szene“ müsse man „auch juristisch in die Offensive“ gehen. Überall in der Republik und im Ausland wolle man „Menschen gegen die Verbote mobilisieren“. Auch bei dem Marsch zum Todestag des früheren Diktators Franco in Madrid verteilten die bundesdeutschen Neonazi-Kader Michael Petri aus Mainz, „SS-Siggi“ Borchardt aus Dortmund, der Bonner FAP-Chef Norbert Weidner und Ewald Althans aus München die Flugzettel zur Solidaritätswoche. Das Mainzer „Nationale Infotelefon“ ruft alle „Kameraden“ auf, sich mit „wirksamen Aktionen, egal welcher Art“ zu beteiligen. Der neonazistische Rundfunksender „American Dissident Voice“ steuert zwei Sendungen auf Kurzwelle in englischer Spreche bei.

Während Swierczek versucht, die Szene gegen die Verbote zu mobilisieren, wird intern strategisch in Richtung „autonomer“ Strukturen diskutiert. Die Kameraden sollten „in autonomen Gruppen im ganzen Land aktive politische Arbeit leisten und Kontakte intensivieren“, fordert das Mainzer „Infotelefon“. Namen und Bezeichnungen seien dabei „sekundär“.

Kader der NO tauchen bei Veranstaltungen der „Deutschen Volksunion“ (DVU) auf. Und DA-Chef Frank Hübner kandidiert für die „Deutsche Liga für Volk und Heimat“ bei den Kommunalwahlen in Cottbus, NF-Aktivisten arbeiten auf lokaler Ebene Hand in Hand zusammen mit der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“. Thomas Köller