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KSZE muß Überstunden machen

■ Beim Treffen in Rom stritten die Außenminister unter anderem über Rußlands Rolle bei Friedensmissionen und über die Kriege im Kaukasus

Berlin/Rom (AFP/taz) – Die „präventive Diplomatie“ der größten gesamteuropäischen Institution droht wieder einmal im Ansatz steckenzubleiben: Bei dem zweitägigen Treffen der „Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa“ (KSZE) in Rom verhinderte gestern heftiger Streit ein plangemäßes und einmütiges Ende. Bei Redaktionsschluß der taz machten die AußenministerInnen von 52 KSZE-Mitgliedsstaaten noch Überstunden. Sie stritten unter anderem über die künftige Rolle Rußlands bei Friedensmissionen im Kaukasus, über die Atomwaffen der Ukraine, über den Krieg zwischen Armenien und Aserbaidschan und über die geplante „Vernetzung“ der KSZE mit anderen großen Organisationen, vor allem der Nato. Ein besonderes Armutszeugnis lieferten sie in der Debatte über den Krieg in Ex-Jugoslawien. Die Europäer, vor allem Frankreich und Deutschland, bestanden darauf, ihre jüngste Bosnien-Initiative in der Resolution zu erwähnen, während sich die USA entschieden gegen eine Erwähnung der EU wehrten.

Dabei hatten sich hohe Erwartungen an das römische Treffen gerichtet. In KSZE-Kreisen war selbst von einer „Stabilisierung Osteuropas“ die Rede. Doch bis gestern nachmittag konnte lediglich eine Einigung über die Notwendigkeit des Ausbaus und der Stärkung der derzeit acht KSZE- Missionen erzielt werden. Eine neue Mission soll nach Tadschikistan entsandt und die Missionen in Georgien und Berg-Karabach sollen aufgestockt werden. Außerdem will die KSZE 500 BeobachterInnen zu den Wahlen nach Rußland entsenden.

Bereits am Dienstag hatte die Diskussion über eine Beteiligung Rußlands an friedenerhaltenden Maßnahmen, wie sie Bonn gerne hätte, Unsicherheit ausgelöst. So äußerte sich Estlands Außenminister Trevimi Velliste „äußerst besorgt“ über den Wunsch Moskaus, internationale Unterstützung für Aktionen zu erhalten, die „den Prinzipien friedenerhaltender Maßnahmen widersprechen“. Frankreichs Außenminister Alain Juppé forderte präzise „Interventionskriterien“ und die Schaffung eines Überwachungsmechanismus. Als deutliche Kritik an Moskaus Georgien-Politik erklärte Juppé, „unilaterale“ Operationen, die außerhalb internationaler Mandate erfolgten, dürften nicht als friedenerhaltend gelten.

Harte Kritik an der „Minsk- Gruppe“ der KSZE, die seit 1991 im Konflikt um die in Aserbaidschan gelegene und mehrheitlich armenisch besiedelte Enklave Berg-Karabach vermitteln soll, äußerte Aserbaidschans Außenminister Hassan Hassanow. Die von Vertretern aus neun Staaten (USA, Rußland, Frankreich, Deutschland, Italien, Schweden, Türkei, Tschechien und Weißrußland) gebildete Gruppe verhalte sich parteiisch, verschließe die Augen vor den „Aggressionen Armeniens“ und setze Aserbaidschan unter Druck.

Der ukrainische Außenminister Anatoli Slenko wies die russischen Vorwürfe zurück, sein Land sei eine nukleare Bedrohung. Er erklärte, die Ukraine wolle ihre Atomsprengköpfe vernichten, benötige dazu jedoch finanzielle Unterstützung. Die Ukraine hatte das Start-I-Abkommen zwar jüngst ratifiziert, die Zerstörung der Atomsprengköpfe jedoch mit Bedingungen verknüpft. dora

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