Damit die Frauen nicht auf und davon laufen

■ Gemeinsamer Betriebskindergarten von Alsterdorf mit Esso und Shell geplant

Gegenüber der Evangelischen Stiftung Alsterdorf (ESA) soll ein Kindergarten entstehen: für Kinder von MitarbeiterInnen der ESA sowie der Firmen Shell und Esso aus der benachbarten City Nord. Hinter dem geplanten integrativen Betriebskindergarten für insgesamt 78 behinderte und andere Kinder steckt eine ungewöhnliche Zusammenarbeit, die die Beteiligten gestern mit ihrer Unterschrift unter einen Kooperationsvertrag besiegelten.

Für je zehn der Kindergartenplätze zahlen Esso und Shell die Investitionen und 80 Prozent der laufenden Kosten. Diese 20 Plätze stehen dann MitarbeiterInnen der beiden Ölfirmen zur Verfügung. Die Kosten für die Plätze der ESA übernimmt das Amt für Jugend. Der Bau auf einem Gelände, für das die Stiftung Erbbaurecht hat, soll rund 2,3 Millionen Mark kosten, Trägerin des Kindergartens ist die ESA. „Ein ganz altes Projekt“, betonte gestern Helga Treeß, die bei der Stiftung den Bereich Kinder- und Jugendhilfe leitet. Seit mehr als zwei Jahren gebe es den Plan für einen gemeinsamen Betriebskindergarten, aber „viele Hindernisse“ waren zu überwinden. Helga Treeß übt herbe Kritik am Amt für Jugend: „Die Jungs müßten mal richtig in die Puschen kommen“ und solchen dringend notwendigen Projekten „nicht noch unnötige Schwierigkeiten machen“.

Auch Dieter Ahrens, Vorstandsmitglied der Deutschen Shell AG ist mit der Behörde unzufrieden. Die mit dem Projekt befaßten Mitarbeiterinnen seien auf Grund bürokratischer Hindernisse (sprich: Gezerre um die Finanzierung) „immer mal dicht am Aufgeben“ gewesen. Das sei für andere Firmen nicht gerade animierend, für die der überbetriebliche Betriebskindergarten in Alsterdorf Modellcharakter haben könnte. Erklärtes personalpolitisches Ziel der Esso AG sei es, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern. Kein Wunder: In einer Stadt, wo Tausende von Betreuungsplätzen fehlen, laufen den Unternehmen die Frauen davon, sobald sie Mütter werden.

„Seit 20 Jahren stellen wir zur Hälfte weibliche kaufmännnische Auszubildende ein“, so Ahrens, dennoch seien die Erfolge in Sachen Chancengleichheit eher mäßig. Die Mitarbeiterinnen würden ausscheiden oder nur noch als Aushilfe arbeiten, sobald Kinder kommen. Ähnliche Erfahrungen macht auch das Konkurrenzunternehmen, wie Wolfgang E. Henkel, Personaldirektor bei Esso, bestätigte.

Die Hälfte der Neueinstellungen in den letzten Jahren waren bei Esso Frauen. Aber auch hier ist man besorgt, daß die mühselig in Führungspositionen gehievten Frauen doch irgendwann ausscheiden. „Wir stellen fest, daß Frauen, die mit Ambitionen in den Beruf einsteigen, am Ende die Hauptlast für Familie und Kindererziehung tragen“. VM