Da ist ja Batman wieder!

■ Premiere im Bremer Theater mit dem Weihnachtsmärchen „Der kleine Muck“ / Die Kinder hielten durch

Diesmal sollte alles anders werden. Nach dem Mißerfolg des letzten Jahres mit Friedrich Karl Waechters Bremer Stadtmusikanten kündigte nun das Bremer Theater ein gereiftes Weihnachtsmärchen an: mehr Bilder, mehr für alle Sinne. Der kleine Muck von Wilhelm Hauff ist nur auf dem Weg dorthin irgendwo steckengeblieben.

Einmal im Jahr lädt das Ensemble die Kinder ins Große Haus. Und nur einmal im Jahr stellen sich die SchauspielerInnen dort einem Publikum, das ganz andere Bedürfnisse mitbringt. Das Theater am Goetheplatz verspricht denen zunächst einmal das außergewöhnliche Erlebnis, verdammt sie aber dann sogleich dazu, in tiefen Sitzpolstern zu versinken.

Nun gut, alle Kinder (Ausnahme: mein siebenjähriger Parkettnachbar Matti) mögen Märchen. Matti findet trotzdem den Muck eigentlich ganz annehmbar. Da passieren Kämpfe, wie er weiß, auch Zaubereien. Und die Wüste kommt drin vor. Matti erwartet eine spannende Geschichte.

Wolfgang Hinkeldeys Theaterfassung, die das Bremer Ensemble nun für Kinder ab fünf Jahren präsentiert, beginnt vor orientalischen Hausfassaden, die auf der Bühne wie ein Bilderrahmen aufgezogen sind, und Hauffs Fabulierer (Christoph Funke) erzählt. Wir tauchen ein in die Faszination des Fremden: Der komische kleine, dicke Muck mit dem viel zu großen Turban lebt in einer Welt, in die er nicht paßt. Anna Böttcher spielt ihn sehr lebendig mit stieren Augen, dem staunenden, offenen Mund, einfältig, linkisch und schlau zugleich. Die Kinder glauben ihr.

Doch schon beim zweiten Aufzug droht die Geschichte hängenzubleiben. Muck trifft auf Frau Ahavzi (Ariane Pestalozzi), die bei Hauff eine Alte, bei Regisseurin Ines Wellauer eine hübsche junge Zauberin ist. Matti nennt sie „Hexe Schrumpeldei“. Die Dialoge zwischen Ahavzi und Muck können kaum fesseln; nur durch magische Effekte lassen sich die Kinder wieder einfangen: durch die bunten Lichterketten an Mucks Zauberschuhen etwa oder durch den Auftritt von Oberleibläufer Superman in hautengem Türkis am Hofe des Sultans. Ein Lob an die frischen Bühnen- und Kostümideen von Irmgard Berner!

Vieles davon gefällt den Kindern, auch die eingestreuten coolen Sätze, die Gags und der überkandidelte Hofmedikus (Dirk Plönissen). Ansonsten geben sie sich streng. „Wo soll hier eine weiße Taube sein?“, moniert einer, der an zwei Seilen aufgehängte fliegende Muck entlockt einem anderen nur ein „O Gott!“. Als Frau Ahavzi zaubernd Rauchschwaden in den Zusschauerraum entsendet, brüllt es: „Batman, da ist ja Batman!!“

Das mußte einfach raus. Im Stück selbst gab es wenig Gelegenheit dazu; es fehlte das Wechselspiel von Ergreifen und Loslassen. Die Kinder wurden auf ihre Sitze zurückgedrückt und standen nicht im Mittelpunkt. Ein einziges Mal fragte Muck ins Publikum hinab. Alles andere äußerten die Kinder von sich aus. „Armer Muck!“ riefen sie im Sprechchor, als er eingeschlossen im Käfig saß.

Silvia Plahl

Nächste Aufführungen heute um 9 Uhr und 11.30 Uhr, Theater am Goetheplatz