■ Das Magdeburger Parlament wählt Christoph Bergner
: Einmal im Leben Ministerpräsident

Schon wieder hat Sachsen-Anhalt einen neuen Ministerpräsidenten. Immerhin, Christoph Bergner ist der mit Abstand sympathischste Spitzenmann in der kurzen Demokratiegeschichte des neuen Bundeslandes. Das wird ihm nichts nützen. Prognostizieren läßt sich vielmehr, daß seine Amtszeit noch kürzer ausfallen wird als die seiner beiden Vorgänger. Bergner weiß das. Sein Minimalziel lautet: Schadensbegrenzung für die Union. Das klingt als Surrogat für ein Regierungsprogramm ziemlich bescheiden; doch angesichts der Lage, die ihm seine Vorgänger hinterlassen haben, erscheint selbst noch die Hoffnung, den Niedergang der CDU ein wenig abbremsen zu können, wie pure Illusion. Daß während der Wahl im Magdeburger Parlament Licht und Ton ausfielen, darf man getrost als Zeichen für Bergners politische Zukunftsaussichten nehmen. Nicht nur deshalb, weil die Wahl aller Voraussicht nach sein einziger schlagzeilenträchtiger Erfolg bleiben wird, sondern weil der Erfolg selbst dazu beiträgt, die Landes-CDU weiter gegen null zu bringen.

Die profane Motivlage jedenfalls, die Bergners Wahl ermöglichte, liegt so offen zutage, daß selbst notorische Unions-Apologeten zögern dürften, das Magdeburger Schaustück als verantwortungsvollen Akt zur Etablierung einer neuen Regierung zu verkaufen. Bergner wurde von Abgeordneten unterstützt, die sich von Neuwahlen, jetzt oder später, nicht viel mehr versprechen können als den Mandatsverlust. Da liegt es nahe, das noch vorhandene Mandat wenigstens als Einkommenstitel bis zum regulären Ablauf der Legislaturperiode wahrzunehmen. Wer denkt an Politik? Werner Münch stürzte, weil er und seine Westkollegen sich allzu kräftig bedienten. Doch die Wahl seines Nachfolgers vollzieht sich als bloße parlamentarische Fortsetzung der ministeriellen Gehaltsaffäre. Auch ein Beitrag zur politischen Kontinuität.

Jetzt also: kurze Verschnaufpause für Kohl, für Bergner und seine Landespartei. Was bringts? Gut, Bergner darf einmal im Leben Ministerpräsident sein, und Kohl muß nicht gleich im Februar das Wählerurteil im Osten über sich ergehen lassen. Er gewinnt damit ein paar Monate, in denen er versuchen kann, den bundesweiten Stimmungstrend gegen die Union noch zu bremsen. Und die FDP? Deren Kalkül jedenfalls, sich mit dem beherzten Neuwahlbeschluß gerade noch rechtzeitig vom Magdeburger Schlamassel abzusetzen, ist an der Widerspenstigkeit ihrer Parlamentarier gescheitert. Selbst die Wende gelingt der FDP nicht mehr glatt.

Immerhin, so können die Liberalen der CDU noch ein wenig treu bleiben, während sie mit der populären Neuwahlforderung schon auf Stimmenfang gehen für die Zeit danach. Denn irgendwann wird gewählt, selbst in Sachsen-Anhalt. Wann, das hängt davon ab, wie lange man in Magdeburg Regierung simulieren kann. Matthias Geis