Südafrikas Rechte im Eiertanz

■ Keine klare Strategie / Homelands werden abgeschafft

Johannesburg (taz) – Immer verwirrender geht es zu am rechtsradikalen Rand der südafrikanischen Politik. Vor kurzem erklärte die „Afrikaner Volksfront“ (AVF) die eigene Unabhängigkeit: Von nun an würden die Angelegenheiten der Buren selbstverwaltet. Aber die Burengruppierung konnte wieder einmal nicht mit den Grenzen eines eigenen Burenstaats aufwarten, und einen Tag später kam denn auch das Eingeständnis: Die einseitige Unabhängigkeitserklärung sei keine.

Bei Verhandlungen der rechtsradikalen Weißen mit dem Afrikanischen Nationalkongreß (ANC) wird mal ein Plebiszit nur für Buren erwogen, mal soll ein Teil von einer der neun Provinzen Südafrikas für diejenigen Weißen reserviert werden, die einen eigenen Staat wollen. Die neofaschistische „Afrikaner Weerstandsbeweging“ (AWB) wiederum macht Wirbel, weil sie in der Stadt Vereenigung einen Nichtangriffspakt mit Vertretern der konservativen Schwarzenbewegung Inkatha von Mangosuthu Buthelezi geschlossen hat.

Aber das Bündnis wurde gegen den öffentlichen Widerstand von Buthelezi besiegelt. Der Inkatha- Führer und Chefminister des Schwarzenreservats Kwa Zulu scheint somit um seine Führerschaft bangen zu müssen. Am letzten Wochenende überlegte er öffentlich, daß möglicherweise die Zeit gekommen sei, als Inkatha- Chef abzutreten – ein Wink mit dem Zaunpfahl, der wenige Stunden vor einer Präsidumssitzung seiner Organisation kam. Die Gruppierung vertagte denn auch die Entscheidung, ob sie an den ersten allgemeinen Wahlen Südafrikas am 27. April des kommenden Jahres teilnehmen soll oder nicht.

„Die radikale Rechte kann den Demokratiezug mit Steinen bewerfen, ihn aber nicht entgleisen lassen“, glaubt der prominente Politikwissenschaftler Frederik van Zyl Slabbert. Tatsächlich scheinen der „Freiheitsallianz“, in der von Inkatha über die rechtsradikale Konservative Partei bis zur AVF und den Homeland-Regierungen von Boputhatswana und Ciskei alle Reformgegner zusammengeschlossen sind, langsam aber sicher die Felle davonzuschwimmen. Denn trotz aller Gespräche der Regierung mit den Rechten ratifiziert das weiße Minderheitsparlament gegenwärtig in Kapstadt seelenruhig die von der „Freiheitsallianz“ abgelehnten Beschlüsse der Demokratieverhandlungen. Dazu gehört unter anderem die endgültige Auflösung der vorgeblich unabhängigen Homelands nach den Wahlen am 27. April.

Die Bewohner der Homelands, so wurde gestern vereinbart, erhalten bereits am 1. Januar formell die südafrikanische Staatsangehörigkeit. Damit können die Einwohner der einst vom Apartheid-Regime künstlich geschaffenen Staaten am Urnengang teilnehmen. Und nach dem 27. April werden auch die Gelder aus Pretoria ausbleiben.

Buthelezis Inkatha und auch einige rechtsradikale weiße Gruppierungen warnen immer wieder vor verstärkten Gewaltausbrüchen, falls ihre Forderungen nicht erfüllt werden. In der Provinz Natal, der Hochburg von Inkatha, fallen gegenwärtig so viele Menschen der politischen Gewalt zum Opfer wie noch nie: Laut der dortigen Menschenrechtskommission sterben im Durchschnitt täglich sieben Menschen bei Auseinandersetzungen, die überwiegend auf Konflikte zwischen Inkatha und dem ANC zurückgehen. Willi Germund