Volvochef will schwedisch bleiben

■ Der Vorstand des Autokonzerns putscht gegen die Fusionspläne mit Renault / Mißtrauen gegen Frankreich

Stockholm (taz) – Die geplante Fusion zwischen Renault und Volvo kippt wegen internen Widerstands im Konzern selbst. Nach Informationen der Tageszeitung Göteborgs-Posten hat Konzernchef Sören Gyll die Mehrheit des Vorstands des Managemnents gegen die Fusionspläne mobilisiert. Eine für Mittwoch einberufene Sondersitzung des Vorstands dauerte gestern nachmittag noch an. Die Volvo-Pressestelle lehnte gestern jede Stellungnahme ab. Offenbar soll das Fusionsthema von der Tagesordnung der für den 7. Dezember einberufenen, außerordentlichen Aktionärsversammlung gestrichen werden – was nicht nur das Ende aller Fusionspläne bedeuten könnte, sondern auch einem Putsch gegen den Aufsichtsratsvorsitzenden Pehr G. Gyllenhammar, der treibenden Kraft hinter der Fusion, gleichkäme.

Pehr G. Gyllenhammar, Ex- Konzernchef von Volvo steht damit vor einer beispiellosen Niederlage. Sein Nachfolger Sören Gyll hatte bislang die Fusion unterstützt. Seinen Meinungswandel begründet er laut Göteborgs-Posten in einem Brief an den Aufsichtsrat damit, die Konzernleitung sei von Gyllenhammar über die Bedingungen der Fusion regelrecht getäuscht worden.

Dem Inhalt des Briefs sollen sich alle Vorstandsmitglieder und Konzerndirektoren – mit zwei Ausnahmen – angeschlossen haben. Gyllenhammar habe akzeptiert, so lautet der hautsächliche Vorwurf, daß der französische Staat Vorzugsaktien des neuen Konzerns erhält. Damit könnte Frankreich praktisch alleine über die Geschicke des Konzerns entscheiden. Angeblich war dies der Preis dafür, daß Gyllenhammar gleichberechtigter Chef des neuen Konzerns neben Renault-Boß Louis Schweitzer werden darf.

Um die Unruhe um die Vorzugsaktien zu dämpfen, hatte Gyllenhammar beim französischen Industrie- und Finanzminister Gérard Longuet einen „klarstellenden“ Brief bestellt. Doch ein auf den 21. November datiertes Schreiben war eher geeignet, das Mißtrauen zu stärken. Frankreich wolle die Interessen Volvos nicht verletzen, hieß es darin. Als sich dann auch noch Frankreichs Premierminister Edouard Balladur bereitfand, in einem weiteren regierungsamtlichen Brief an seinen Amtskollegen Carl Bildt die Privatisierungspläne seiner Regierung zu bekräftigen – aber ohne ein Datum zu nennen –, mehrten sich die zweifelnden Stimmen: Wieso engagiert sich Paris so auffällig in diesem Fusionsgeschäft, fragten nunmehr auch bislang fusionsfreundliche Kommentare.

Hinter dem Mißtrauen steht die weit verbreitete Vermutung, „Volvault“ werde seine schwedischen Betriebsstandorte immer mehr abbauen. Auch die „Klarstellungen“, mit denen Gyllenhammar beim zweiten Anlauf am 7. Dezember eine Mehrheit der Aktionärsversammlung für die Fusionspläne gewinnen wollte, zeigten nicht die erhoffte Wirkung. Zwar erklärten eine Versicherung und ein Fonds, nunmehr doch für die Fusion stimmen zu wollen. Alle anderen bedeutenden Volvo-Aktionäre hielten aber bisher an ihrem Nein fest.

Wie die Börse das Geschäft einschätzt, zeigte der Kursverfall der Volvo-Aktie: Gegen die Tendenz des restlichen Stockholmer Aktienmarkts rutschte sie von 500 auf 391 Kronen ab. Um am Mittwoch, nach Bekanntwerden des Gyll- Putsches, wieder auf 455 Kronen zu klettern. Reinhard Wolff