„Wir haben ein Blutbad verhindert“

■ Kurden im Hungerstreik in Harburger Kirche / Heftige Konfrontationen /Arbeiterverein bald wieder offen?     Von Kai von Appen

Mit einem Hungerstreik in der Dreifaltigskeitskirche in Harburg versuchen 30 KurdInnen ihrer Forderung nach Öffnung des „Kurdischen Arbeitervereins Hamburg und Umgebung“ Nachdruck zu verleihen. Hinter den Kulissen wird derzeit nach einer politischen Lösung gesucht, wie man den Kurden die Vereinsräume zurückgeben kann. Innenbehördenreferent Wolfgang Lüdtke: „Es bewegt sich was.“

Die Vereinsräume im Harburger Wallgraben waren - wie berichtet - vor acht Tagen im Zusammenhang mit dem Verbot der Kurdischen Arbeiterpartei PKK vom Staatsschutz geschlossen worden. Sämtliche Propaganda-Schriften sowie das gesamte Inventar wurden beschlagnahmt. Seither ist es täglich zu Konfrontationen zwischen Kurden und Polizei gekommen. Am Dienstag stürmte das Mobile Einsatzkommando (MEK) die Räume, nachdem sich dort acht Kurden verschanzt hatten, die mit Selbstverbrennung drohten.

Am Donnerstagabend - nach dem Protest von 2000 KurdInnen in der Hamburger City - hatten rund 200 Kurden die Vereinsräume gestürmt und die zum Objektschutz postierten PolizistInnen in die Flucht geschlagen. 50 Menschen verschanzten sich in dem Gebäude, 150 Kurden schützten „ihren“ Arbeiterverein von der Straße her. Als Bereitschaftspolizei die Versammlung auflösen wollte, kam es zur regelrechten Straßenschlacht, an der auch Frauen und Kinder beteiligt waren. Im Verlauf der Prügelei nahm die Polizei 65 Personen fest.

Nur auf Intervention der Harburger GAL-Abgeordneten Julia Carmesin und der Kirche konnte die totale Eskalation vermieden werden. Noch bevor das MEK abermals zum Sturm auf das Gebäude ansetzte, erklärten sich die Kurden bereit, die Vereinsräume zu verlassen und in der Dreifaltigkeitskirche Zuflucht zu suchen. „Wir haben ein Blubad verhindert“, konstatierte Propst Jürgen Bollmann gestern gegenüber dem Evangelischen Pressedienst. 120 Kurden halten sich seither in seiner Kirche auf.

Die Kirche hat sich mittlerweile als Vermittlerin zwischen Kurden und Innenbehörde eingeschaltet, um eine politische Lösung zu finden, die auch von der GAL angestrebt wird. Der innenpolitische Sprecher der GAL, Manfred Mahr: „Hier ist Politik gefragt, die Polizei hat wenig Handlungsspielraum.“ Und diese politische Lösung scheint nicht mehr fern. Lüdtke: „Wenn die Kurden einen neuen Verein gründen, kann das auch wieder weitergehen und könnten die Räume sehr schnell und kurzfristig zurückgegeben werden.“ Voraussetzung sei allerdings, daß „nicht einfach aus rot grau gemacht“ werde, sondern daß sich der neue Verein - zumindest nach außen hin - von der PKK abhebt.

Grund der Wende: Auch in der Innenbehörde hat man längst erkannt, daß das PKK-Verbot in Hamburg ein Schuß nach hinten war, lediglich zur Solidarisierung der Kurden beigetragen hat. Selbst bislang mit der PKK verfeindete Organisationen gehen jetzt gemeinsam mit PKK-Sympathisanten gegen das Verbot vor.