Verfassungsschutz soll mehr dürfen

■ Mehr geheimpolizeiliche Mittel gegen Rechtsextremisten

Nach dem Vorbild der rechtsradikalen Republikaner ist in Niedersachsen auch die „Deutsche Liga für Volk und Heimat“ gegen eine Observation durch den Verfassungsschutz vor Gericht gezogen. Die Klage wird am kommenden Montag vor dem Verwaltungsgericht Hannover verhandelt. Das gleiche Gericht hatte an diesem Montag der Klage der Republikaner stattgegeben und eine Observation mit nachrichtendienstlichen Mitteln untersagt.

Die „Deutsche Liga“ wird vom Verfassungsschutz als verfassungsfeindlich und rechtsextremistisch eingestuft. Sie soll in Niedersachsen nur einige Dutzend Mitglieder zählen, die früher unter anderem bei der NPD oder den Republikanern aktiv waren. Zur „Deutschen Liga“ zählt auch der frühere Generalsekretär der Republikaner, Harald Neubauer, der 1989 in das Europaparlament gewählt wurde.

Von der Gerichtsentscheidung zur Klage der „Deutschen Liga“ hängt offenbar wesentlich die Frage einer Änderung des niedersächsischen Verfassungsschutzes ab. Bereits anläßlich der Klage der Republikaner hat das Verwaltungsgericht Hannover vor allem mit der hohen Schwelle zur Observation im Landesgesetz argumentiert. Danach muß eine aktiv kämpferische Haltung gegen die demokratische Grundordnung vorliegen, ehe nachrichtendienstliche Mittel eingesetzt werden. Diese sind aus Sicht des Gerichts gegen die Republikaner nicht vorgelegt worden.

Das Innenministerium, das Berufung eingelegt hat, rechnet auch vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg mit einer Niederlage. Das OVG hatte bereits der Einstweiligen Verfügung der Republikaner vor einigen Wochen stattgegeben. Das Ministerium werde dann den Rechtsstreit vor dem Bundesverwaltungsgericht ausfechten müssen, sagte der Ministeriumssprecher.

Ministerium kündigt Berufung gegen Republikaner-Urteil an =

Hannover (dpa/lni) – Das niedersächsische Innenministerium will Berufung gegen das Observationsverbot der rechtsradikalen Republikaner einlegen. Nachdem das Verwaltungsgericht Hannover einer entsprechenden Klage der Republikaner gegen das Land Niedersachsen stattgegeben hatte, griff das Ministerium das Gericht am Dienstag scharf an. „Das Urteil des Verwaltungsgerichts schwächt die wehrhafte Demokratie“, hieß es in einer Pressemitteilung. Die Oppositionsparteien CDU und FDP forderten dagegen eine Änderung des Verfassungsschutzgesetzes, um die Voraussetzungen für eine Observierung der rechtsradikalen Partei zu schaffen.

Eine Änderung des Gesetzes führt nach Ansicht des Innenministeriums „ganz offensichtlich nicht zu einem anderen Urteil“. Schließlich würden in dem Paragraphenwerk nur die Voraussetzungen wiederholt, die nach dem Grundgesetz erforderlich seien, um eine Partei zu verbieten. Das Urteil begünstige „die als Wolf im Schafspelz auftretenden rechtsextremistischen Parteien“, da eine Vorfeldaufklärung durch den Verfassungschutz nicht möglich sei.

Der Sprecher des Verwaltungsgerichts, Klaus-Peter Schmidt-Vogt, erklärte, das enger als in anderen Bundesländern gefaßte Verfassungsschutzgesetz sei ausschlaggebend für den Richterspruch gewesen. So seien in Niedersachsen Voraussetzungen für eine Observation „Verhaltensweisen“, die „auf Anwendung von Gewalt gerichtet sind oder sich in aktiv kämpferischer und aggressiver Weise gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richten“. Dafür hat es den Richtern zufolge keine Anhaltspunkte gegeben.

Im für den Bundesverfassungsschutz zuständigen Bundesgesetz heiße der vergleichbare Passus, der Bundesverfassungsschutz sammele Informationen über „Bestrebungen“ gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, sagte der Gerichtssprecher. In der Verhandlung sei am Montag abend deutlich geworden, daß der Bundesverfassungsschutz die Republikaner mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachte, ohne juristische Probleme zu haben. Auch sei in anderen Bundesländern die Observierung der Republikaner von Gerichten bestätigt worden.

Vor Gericht hatte das Innenministerium versucht, die Verfassungsfeindlichkeit der Republikaner unter anderem mit einem Sprachgutachten zu belegen. Darin sollte nachgewiesen werden, daß die Sprache der rechtsradikalen Republikaner an die der Nazis angelehnt sei. Diesen Beweisantrag ließen die Richter nicht zu. Außerdem hatten Experten von Bundes- und Landesverfassungschutz die Gefährlichkeit der Republikaner untermauern sollen. Der Vertreter der Republikaner hatte dagegen darauf beharrt, seine Mandanten seien verfassungstreu.

Der CDU-Spitzenkandidat Christian Wulff warf der Landesregierung „völliges Versagen bei der Bekämpfung des politischen Extremismusses“ vor. Innenminister Gerhard Glogowski (SPD) solle eingestehen, einen Fehler gemacht zu haben. Der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Ernst-Henning Jahn, forderte Glogowski auf, unverzüglich zu einem interfraktionellen Gespräch einzuladen, um ein neues Verfassungsschutzgesetz zu beraten. Auch die FDP forderte „umgegende Konsequenzen aus der Schlappe der Landesregierung“. Nach Ansicht des Grünen-Abgeordneten Hannes Kempmann bestätigt das Gerichtsurteil, daß der Verfassungsschutz untauglich im „Kampf gegen den Rechtsextremismus“ sei. Die Republikaner müßten politisch bekämpft werden. lni hb ra