Frisch aus dem Sägewerk

■ „Blockbilder“ und Lebensgeschichten im Neustädter Bahnhof: 120 Kunststücke von Renate und Heinz Hugel

Wo ehemals Fahrkarten verkauft wurden und später Tresore zwischengelagert waren, macht sich zur Zeit eine Lebensgeschichte breit. Die Bremer Künstlerin Renate Hugel zeigt in der alten Schalterhalle des Neustädter Bahnhofs (heute Ausstellungsraum des Projekts „Neustädter Bahnhof“) die autobiographische Installation „Von einer, die auszog, das Träumen zu lernen“.

In der 35teiligen Serie aus Akt- und Farbkompositionen und Texten von 1991/1992 drückt die 49jährige aus, was sie in einer Phase von Depression und Sprachlosigkeit erlebt hat. Ohne Hemmungen eröffnet sie damit ihre innersten Gefühle. Beruhigend für die Betrachter, daß die im nachhinein gründlich betexteten Bilder dabei keineswegs trist wirken. „Ich brauchte viel Wasser und den spontanen Strich“, erklärt die Autodidaktin zu ihrer Arbeitsmethode. Nur die Wochen, in denen ihr jegliche Inspiration fehlte, hat sie mit schwarzem Packpapier markiert.

Bodenständig und selbstsicher wirken die Collagen aus Linoldrucken und Zinkblechen sowie die Keramikskulpturen von Ehemann Heinz Hugel. Seine jüngsten Werke bezeichnet er selbst als „Blockbilder“. Das sind Holzblöcke frisch aus dem Sägewerk, die der 57jährige mit Acrylfarben und Wachsmalkreiden bemalt und mit Linolresten oder Metallblechen beklebt hat.

Mit dem Künstlerpaar Hugel und dessen rund 120 ausgestellten Werken will das in Existenznot geratene private Kunstprojekt „Neustädter Bahnhof“ erneut auf sich aufmerksam machen. Ohne Subventionen versucht der Bremer Verein, zeitgenössische Kunst zu fördern und den alten Bahnhof als Ausstellungsraum zu erhalten. Für 1994 sind mit dem Bremer „Lichthaus“ und dem „Vegesacker Bahnhof“ gemeinsame Kunstprojekte geplant. Das Thema des ersten Projekts trägt den Titel Entgleisungen“.

Sabine Komm

Die Ausstellung ist bis 6. Januar zu sehen. Öffnungszeiten: Do, Sa und So 16 - 19 Uhr.