Reisen für alle, jeden Tag, überall

■ Neue tourismuspolitische Leitlinien der SPD: „Sozial verantwortlich, umweltverträglich, wirtschaftlich tragfähig“

Die SPD ist etwas spät dran mit ihrer touristischen Konzeption. 15 Jahre liegen zwischen den letzten und den neuesten tourismuspolitischen Leitlinien. Immerhin, die Diskussion zum sanften Tourismus wurde rezipiert, und die SPD propagiert nun einen „sozial verantwortlichen, umweltverträglichen und langfristig wirtschaftlich tragfähigen Tourismus der Zukunft“.

Die Zukunftskonzepte sind weitgehend bekannt: Massentourismus soll in umweltverträgliche Bahnen gelenkt und wirtschaftliche Nutzung und Naturschutz sollen in Einklang gebracht werden. Darüber hinaus findet auch der ethisch-moralische Impetus der sanften Diskussion Eingang in die Leitlinien: Nachdrücklich werden Maßnahmen zur Sensibilisierung der Urlauber empfohlen.

Im Spagat zwischen touristischer Expansion und Umweltschutz setzt die SPD jedoch weiter auf Wachstum: Die Fremdenverkehrswirtschaft ist aufgefordert, auf die veränderte Nachfragestruktur mit neuen, umweltorientierten Konzepten, mit Angeboten und einer entsprechenden Infrastruktur zu reagieren. Im Klartext: mehr Tourismus. Vom zusätzlichen Radwegenetz über eine erweiterte Infrastruktur für Wohn- Mobilisten bis hin zu umweltgerechten neuen Ferienzentren reicht die Palette. Es wird noch enger werden in der Landschaft.

Daß der Tourismus Probleme verursacht, wird zumindest auf dem Papier deutlich. Für die Praxis empfiehlt die SPD Harmonisierungsstrategien und runde Tische. Ein geregeltes Miteinander wird angestrebt. Verboten werden sollen lediglich Helikopterskiing, Gletschererschließung und Motorsport-Rennen in offener Landschaft. Als Ausgleich für die weitere Naturerschließung setzen die Leitlinien auf mehr Biotopschutz oder die Wiederbelebung typischer Landschaftselemente wie Knicks, Baumgruppen, Hecken, Bäche und so weiter. Es ist eine Fleißarbeit, die nicht den Umweltschutz in den Vordergrund stellt, sondern in die touristischen Sektoren vom Verkehr bis hin zum Sport umweltverträgliche Elemente hineintragen will.

Ganz oben auf der Prioritätenliste steht weiterhin die Ökonomie. Die mittleren Fremdenverkehrsbetriebe sind das Rückgrat des Tourismus, heißt es. Mit dem Markenzeichen „Sozial- und umweltverträglicher Tourismus“ soll ihre Marktposition gestärkt werden. Es versteht sich fast von selbst, daß dieses Mittelstandsprogramm auf die Förderung hochwertiger Angebote oder auch ein effizientes Marketing setzt.

Explizit fordern die Leitlinien im Interesse der touristischen Arbeitnehmer eine qualifizierte Berufsausbildung und Dauerarbeitsplätze. Den Verbrauchern sollen mehr Rechte eingeräumt werden. Für einkommensschwache Familien, für den vorsorgenden Gesundheitsschutz, für Behinderte soll das Angebot zielgruppengerecht vergrößert werden.

Nicht nur „sanft“ soll es zugehen, der „Urlaubsrummel“ wird genauso favorisiert. Das ist in der Tat „Reisen für alle“, wie es ein griffiger Slogan verheißt. Damit auch die einheimische Bevölkerung etwas vom Urlaubsglück hat, wird empfohlen, die touristische Infrastruktur für jedermann zu öffnen.

So könnte es zukünftig zugehen: Tourismus für alle, jeden Tag und überall. Wenn das keine Zukunftsperspektive ist! Christel Burghoff

Einzelexemplare der Dokumentation „Tourismus in Deutschland. Tourismuspolitische Leitlinien der SPD“ sind beim Fraktionsservice der SPD-Bundestagsfraktion erhältlich.