Rabin zeigt Arafat die kalte Schulter

US-Außenminister Christopher startet erneut, um im Nahen Osten Frieden zu stiften / Die israelische Regierung spielt auf Zeit, um die PLO zu weiteren Konzessionen zu drängen  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Spät gestern abend wurde auf dem Ben-Gurion-Flughafen zwischen Tel Aviv und Jerusalem die Sondermaschine von US-Außenminister Warren Christopher erwartet. Der Chefdiplomat der US- Regierung bereist in den nächsten sieben Tagen zum wiederholten Mal den Nahen Osten, um die fast schon chronische Krise des Friedensprozesses zu beheben. Christophers Ankunftszeit, nach Beginn der jüdischen Sabbatruhe, schloß pompöse Begrüßungszeremonien aus. Sie verhinderte aber auch Proteste von religiösen Siedlern am Rollfeld.

Vor Christophers Ankunft mehrten sich in Israel Stimmen, die für eine Verschiebung des für den 13. Dezember angekündigten Abzugs der israelischen Besatzungstruppen aus Jericho und dem Gaza-Streifen plädieren. In Jerusalem weiß man genau, wie wichtig die Einhaltung dieses Datums für die PLO-Führung und die Palästinenser in den besetzten Gebieten ist. Die israelische Regierung hofft daher, daß die PLO noch in letzter Minute wichtige Konzessionen machen wird, um die Einhaltung des Termins zu sichern. Bisher sind sich die beiden Seiten noch nicht darüber einig, wer die Grenzübergänge nach Jordanien kontrollieren darf, wie groß die Fläche des künftig teilautonomen Jericho definiert wird und wo im Gaza-Streifen wie viele israelische Soldaten stationiert bleiben. Angesichts seines taktischen Vorteils ist der israelische Ministerpräsident Jitzhak Rabin in den Fragen nicht auf Vermittlungsversuche der US-Regierung erpicht. Gestern erklärte er, Israelis und Palästinenser bräuchten „keine Onkel, Väter, Großväter oder Großmütter“, um das in Oslo ausgehandelte Autonomieabkommen in die Tat umzusetzen. Ein US-Beamter aus Christophers Gefolge machte bereits vor dessen Ankunft klar, daß der US-Außenminister nur auf Bitten beider Seiten in die Verhandlungen zwischen Israelis und der PLO eingreifen werde.

Auch der Wunsch von PLO- Chef Jassir Arafat nach einem Treffen mit Rabin noch vor dem 13. Dezember wird in Israel kühl bis ablehnend aufgenommen. Der Leiter der palästinensischen Verhandlungsdelegation bei den israelisch-palästinensischen Gesprächen, Nabil Schaat, hatte ein solches „Gipfeltreffen“ für den 12. Dezember angekündigt. Israels Außenminister Schimon Peres erklärte jedoch gestern, gegenwärtig gebe es keine Vorbereitungen für solch eine Zusammenkunft.

Hauptziel von Christophers Reise ist die Erneuerung der Verhandlungen zwischen Israel und Syrien. Im Laufe der Woche will der US-Außenminister zweimal zwischen Damaskus und Jerusalem hin- und herpendeln. Die Nahostexperten der US-Regierung sind der Ansicht, daß ein weiteres Stocken in den israelisch-syrischen Verhandlungen den Zusammenbruch des gesamten Friedensprozesses bedeutet. Angeblich hat Christopher einen Plan für einen über acht Jahre gestreckten Abzug der israelischen Truppen von dem besetzten Golan im Gepäck.