■ Neulich
: Von Gänsebeinen

Die Anfeindungen kommen von überall her, und ich sehe schon schlimmer aus als der Heilige Sebastian: Denn ich bin ein Anglizist! Deutschlehrer werfen mit Schlüsselbünden nach mir, weil ich wende die Subjekt-Prädikat-Objekt-Regel im Nebensatz an. Gewisse satirische Zeitschriften lachen über Menschen wie mich und die Ostdeutschen, die sich in Bertha's Broiler Bude wohlfühlen. Kaugummikauend liebe ich Anglizismen wie Brunch Invitation, Cash Floating und Joy Stick.

Zum Anglizisten wurde ich durch eine Wette, die ich verlor, und aus der ich trotzdem als strahlender Sieger hervorging. „Überhaupt keine Frage“, behauptete sie, „wenn am Ende der wörtlichen Rede ein Komma kommt, steht es hinter den Gänsefüßchen.“ – „Welch ein Stuß,“ rief ich aus, zuerst das Komma, dann die Gänsebeine! Haus und Hof setzt' ich dafür ein!“ Es ging dann nur um Sekt. Und schon war der Duden da, und schon hatte sie recht, und ich war blamiert.

Doch wie es im Leben vorkommt, fiel mir in diesem düsteren Moment der Guardian in die Finger, mit der Mick-Jagger's- birthday-party-story. Wie hierzulande wohl gar nicht bekannt, ließ Jagger zum Feiern ein Gebäude räumen, in dem ausländische Studenten Englisch lernten. Grund: Sie wären zu laut (!). Schließlich intonierte die lustige Gesellschaft die Marseillaise. Der Guardian zitiert eine Studentin: „It would have been nice if they had invited the French students to come and sing the national hymn for them, they're singing it very badly,“ said Karine Bryant, aged 17. Komma – Gänsebeine! In der Reihenfolge!!

Die eben noch über mich gelacht hatten, mußten die Augen senken ob ihrer miefigen Dudenhörigkeit. Ich aber hob weltläufig mein Glas und gab einen Sekt aus.

Burkhard Straßmann