Mehr Geld – für weniger Kultur

■ Kulturetat um 60 Millionen Mark größer / Davon fünf kriegt die Volksbühne, die damit Kresniks Tanztheater entlohnt

Mehr Geld für insgesamt weniger Kultur steht Berlin im nächsten Jahr zur Verfügung. Während der Gesamthaushalt bei einer Neuverschuldung von 7,4 Milliarden Mark um 2,8 Prozent anwächst, wird der Kulturetat um 60 Millionen auf 1,172 Milliarden Mark aufgestockt – eine Steigerung von 5,4 Prozent. Diese Erhöhung soll „den derzeitigen Stand sichern“, wie die Senatsverwaltung für kulturelle Angelegenheiten erklärte. Ohne die Schließung der Staatlichen Bühnen und der Kunsthalle hätte man für die verbleibenden Institutionen eine so vergleichsweise „entspannte“ Situation nicht erreichen können. Wie versprochen, wird an einigen Stellen der sogenannten Hochkultur sogar zugelegt: Die Steigerung des Volksbühnen-Etats um fünf Millionen Mark ist abgesegnet – das Tanztheater von Johann Kresnik kann am Haus etabliert werden. Die Berliner Symphoniker erhalten 1994 sechs Millionen Mark mehr, das Deutsche Theater zwei Millionen.

Die Staatlichen Bühnen wurden 1993 mit 41,3 Millionen Mark gefördert. Mit einer beträchtlich geringeren Summe ist auch die Abwicklung zumindest im kommenden Jahr nicht zu veranschlagen. Laufende Kosten fallen auch bei den nicht bespielten Häusern an, Abfindungen müssen gezahlt werden. Die Klagen der außerordentlich gekündigten Mitarbeiter, die dem Arbeitsgericht noch vorliegen, hofft der Kultursenat dadurch gegenstandslos zu machen, daß er den Betrieb der Staatlichen Bühnen nun endgültig für eingestellt erklärt hat.

Die juristische Unsicherheit, ob eine Verpachtung des Schiller Theaters als Betriebsübergang anzusehen sei (wodurch bestehende Ansprüche auf den Pächter übergehen würden), bereitet der Senatsverwaltung keine Kopfschmerzen. „Da die Staatlichen Schauspielbühnen nicht mehr existieren, kann das Land Berlin auch nicht gerichtlich dazu verpflichtet werden, dort künstlerisches Personal zu beschäftigen.“ Die laufenden Gerichtsverfahren könnten daher auch die Verpachtung oder „sonstige Vergabe der Bühnenräume weder behindern noch verzögern“.

Auch die vorübergehende Bespielung des Schiller Theaters durch das Metropoltheater ab Frühjahr 1994 ändert nach Senatsmeinung offenbar nichts daran, daß hier ein Betrieb aufgelöst wurde. Die Horrorvision eines aus Gründen juristischer Undurchdringlichkeit unvermietbaren und jahrelang teuer leerstehenden Hauses verfolgt im Kultursenat keinen. Petra Kohse