Jenseits von Vater, Mutter und Kind

■ Berlins Familiensenator Thomas Krüger (SPD) bilanziert die Arbeit des gleichgeschlechtlichen Referats / „So lange notwendig, solange es Intoleranz gibt“

taz: Trifft es zu, daß die „Homo- Beamten“ des Referats für gleichgeschlechtliche Lebensweisen ihre liebsten Mitarbeiter sind?

Thomas Krüger: Wir brauchen keine lieben Mitarbeiter, sondern engagierte und einfallsreiche. Da zählt das Referat für gleichgeschlechtliche Lebensweisen zu den Aktivposten meiner Verwaltung.

Hat sich das Referat bewährt?

Es sind einige ganz vernünftige Fortschritte erreicht worden: zum einen Sensibilität in anderen Verwaltungen, zum anderen ein offenes Ohr in der Öffentlichkeit für die Belange der Lesben und Schwulen.

Worin liegen die Defizite?

Das Referat kann nicht das Zentralkomitee für Lesben- und Schwulenarbeit sein, sondern höchstens Interventionskraft, um andere Verwaltungen auf die Problematik aufmerksam zu machen – mit Erfolg, wie etwa die Debatte um das Polizeiqualifizierungskonzept gezeigt hat. Das Referat hat Bedeutung für die Förderung von Initiativgruppen. Das Fördervolumen hat sich in meiner Amtszeit nahezu verdreifacht.

Welchen Schwerpunkten müßte sich das Referat stärker widmen?

Es muß mehr auf der logistischen Ebene gearbeitet werden: Wie bekommen wir eine Sensibilität für Lesben und Schwule auch im bildungs- und sicherheitspolitischen Bereich? Bei den rechtlichen Fragen wie der Homo-Ehe sind wir bislang erfolglos geblieben. Allerdings waren wir insofern erfolgreich, als daß wir Aufmerksamkeit für unsere Strategie bekamen, daß Familienpolitik weiter zu fassen ist als in den herkömmlichen Kategorien des trauten Heims mit Vater, Mutter, Kind.

Sie haben das Referat vom rot- grünen Senat „geerbt“. Gab oder gibt es Bestrebungen in der Großen Koalition, es abzuschaffen?

Zu Beginn der Koalition ist das Referat von der CDU sehr beargwöhnt worden. Aber in der laufenden Arbeit hat sich gezeigt, auch in den Berichten gegenüber dem Hauptausschuß, daß es vom Koalitionspartner mitgetragen wird. Die schwarz-rote Koalition beweist ihre Unterstützung für Lesben und Schwule vielleicht nicht so öffentlichkeitswirksam wie Rot-Grün, aber sehr wohl in Zahlen.

Ihre Vorgängerin Anne Klein hatte ursprünglich 16 Stellen für das Referat beantragt, nun sind es 4,5, davon einige befristet bis 1994.

Die Stellen werden nicht auslaufen, weil wir erreichen konnten, daß im Unterausschuß Stellenplan die Beschäftigungspositionen in feste Stellen umgewandelt worden sind. Mittelfristig kann man davon ausgehen, daß das Referat in der Verwaltungslandschaft nicht wegzudenken ist. 16 Stellen sind allerdings vor dem derzeitigen Finanzhintergrund völlig irreal.

Warum wird die sogenannte Ost-Stelle, obwohl bewilligt, seit einem halben Jahr nicht besetzt?

Da überlegen wir noch. Wir hatten die Schwierigkeit, daß eine Mitarbeiterin ausgeschieden ist.

Die AL hatte ursprünglich zwei Landeshomobeauftragte analog dem Datenschutzbeauftragten gefordert. Sollte man auf diese Idee zurückkommen?

Der Datenschutzbeauftragte hat die eigene Kompetenz, dem Parlament einen unabhängigen Bericht vorzulegen. Das würde ich beim Referat nicht für sinnvoll halten. Es soll weiterhin integriert in die Senatsfamilienverwaltung arbeiten.

Wie lange wird es dauern, bis ein Sonderreferat für Lesben und Schwule überflüssig ist?

Ich habe immer eine Skepsis gegenüber utopischen Vorstellungen. Solange es Intoleranz gibt, ist dieses Referat notwendig.