Teurer Traum vom Leben in der Burg

■ Wer möchte in Poppenbüttel Burgfräulein oder Schloßherr spielen?

Sie meinen, Ihre Miete sei überhöht? Sie ärgern sich, weil der Hauseigentümer als Vermieter die Grenzen des Mietenspiegels bis Oberkante Unterlippe ausnutzt? Lappalien! Seien Sie froh, daß Ihr Vermieter nicht Herbert Hillebrand heißt. Der millionenschwere Immobilienmakler aus dem Rheinland fordert einen geradezu fürstlichen Quadratmeterpreis: für 40 Quadratmeter monatlich 5000 Mark. Zuzüglich Nebenkosten, versteht sich.

Dafür läßt es sich dann in einem recht exklusiven Altbau im Alstertal leben. Auf einem unweit der Poppenbüttler Schleuse gelegenen Alsterhang ließen die Poppenbüttler Großgrundbesitzer Albert und Bruno Henneberg zwischen 1884 und 1887 ein altertümlich anmutendes Gemäuer erbauen: die Miniaturausgabe des thüringischen Stammsitzes ihrer blaublütigen Anverwandten, der Grafen von Henneberg. 1942 fiel das schon etwas in die Jahre gekommene Wahrzeichen von Poppenbüttel an die Stadt – und verfiel. Aus der Mini-Burg wurde ein Geisterschloß.

Die Alstertaler Sozialdemokraten wollten das verfallene Prunkstück Ende der achtziger Jahre schon „in die Alster schieben“; was sich als zu teuer und wenig denkmalfreundlich erwies. Da nahte auf Vermittlung der F.D.P der Retter in Gestalt des rheinischen Burgensammlers Herbert Hillebrand. Der millionenschwere Immobilienmakler, der bereits zwei Dutzend Schlösser sein eigen nannte, schlug zu und ergatterte von der Wandsbeker Liegenschaft die Ruine samt 3800-Quadratmeter-Grundstück für läppische 25.000 Mark.

Doch glücklich wurde der 53jährige Immobilienzar, der selbst in der Burg Hemmersbach bei Köln residiert, mit dem maroden Schmuckstück am Alsterlauf bislang nicht. Von seinem mit mittelalterlichen Ritterrüstungen ausstaffierten Arbeitssaal dirigierte er zwar die rund eine Million Mark teure Renovierung der Burg, stattete sie mit einem Bad aus Marmor, einer Video-Überwachungsanlage und einem gläsernen Dach aus – doch einen solventen Mieter fand er bislang noch nicht.

Die Annoncen der mit der Vermietung beauftragten Alstertaler Maklerfirma versprach zwar „romantisches Wohnen“ mit „eigenem Bootsanleger“, doch die 5000-Mark-Miete war selbst den größten Nostalgikern offenbar zu unromantisch. Nachdem sich wochenlang nicht ein einziger Interessent gemeldet hatte, gaben die Makler den Auftrag inzwischen dankend zurück.

Und sollte sich doch noch ein betuchter Mensch finden, der um jeden Preis der Ruine neues Leben einhauchen will – der nächste Konflikt wäre programmiert; denn im 1991 zwischen der Stadt und dem rheinischen Burgensammler geschlossenen Kaufvertrag wurde festgeschrieben, daß „eine dauerhafte Wohnnutzung“ in der Miniaturburg „nicht gestattet“ sei. Der Alstertaler Ortsamtsleiter Hans Jürgen Westphal: „Die Burg soll ein öffentliches Gebäude bleiben, welches auch mal besichtigt werden kann – das verträgt sich nicht mit einer Wohnvermietung“.

Hillebrand aber sucht trotzdem weiter einen solventen Mieter für das mittelalterliche Wohnidyll mit Neuzeit-Luxus. Denn: „Es muß Geld in die Kasse kommen, und das passiert nicht mit einer gemeinnützigen Nutzung“. Und schließlich ist der Begriff „dauerhaft“ ja äußerst relativ. Ein Burgfrieden zwischen dem Schlössersammler und den Wandsbeker Behörden ist deshalb nicht in Sicht.