Kommt das Qualitäts-Krankenhaus?

■ Datenerhebungen zur Kontrolle von Hamburgs Hospitälern sollen 1994 beginnen

Immer öfter kommen Kliniken in den Ruf, falsch oder schlecht zu behandeln. Wie wichtig Kontrollen ärztlicher Behandlungen wären, wurde spätestens wieder nach dem UKE-Strahlen-Skandal deutlich. Zwar sind die Qualitätsunterschiede von Hospitälern mittlerweile manchen PatientInnen bekannt. Doch Erhebungen darüber, ob in einem Krankenhaus gut oder schlampig gearbeitet wird, gibt es bislang nicht. Dies soll nächstes Jahr anders werden.

Gestern stellte die Hamburger Krankenhausgesellschaft (HKG) erste Ergebnisse einer Arbeitsgruppe vor, die sich mit der Qualität von Hospitälern in der Hansestadt befaßt. Grundlage ist ein Vertrag, der schon 1991 zwischen der HKG – der Vereinigung der insgesamt 43 Hamburger Krankenhäuser – und der Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassen geschlossen worden war, um eine sogenannte Qualitätssicherung zu gewährleisten: Bei Mängeln soll ein Fachgremium – bestehend aus leitenden Krankenhaus-ÄrztInnen und VertreterInnen des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen – bei der Abhilfe beraten. Das oberste Gremium der externen Qualitätssicherung (VertreterInnen der HKG, der Krankenkassen, der Ärztekammer und des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen) soll die praktische Umsetzung gewährleisten.

Zunächst werden alle Hamburger Krankenhäuser ab dem ersten Januar 1994 in der Anästhesiologie (Fachbereich der Betäubung bei Operationen) Daten sammeln über den Zustand der PatientInnen vor und nach der Operation, über die Dauer der Behandlung, über technische Komplikationen, Zwischenfälle während der Betäubung, Risikofaktoren und Symptome der PatientInnen. Diese Daten sollen es ermöglichen, beim Vergleich zwischen den Krankenhäusern Schwachpunkte festzustellen.

Christof Veit von der HKG-Projektgeschäftsstelle rechnet mit 100.000 PatientInnen-Daten pro Jahr, sobald die Erhebung Pflicht werde. Bislang wurden im Rahmen der Pilotstudie, an der sich nur wenige Krankenhäuser beteiligten, seit Ende 1992 schon 23.800 Daten erhoben. Obwohl die Pilotstudie noch keine genauen Aussagen erlaube, so Veit, konnten schon technische Mängel bei Beatmungsschläuchen festgestellt werden. Der Hersteller habe daraufhin die Qualität des Produktes verbessert.

Auch in der operativen Gynäkologie werden seit erstem Dezember Daten für die Qualitätssicherung erhoben. An dieser Pilotstudie beteiligen sich insgesamt acht Hamburger Kliniken, darunter das Allgemeine Krankenhaus Altona, das Marienkrankenhaus und das Allgemeine Krankenhaus Barmbek. Für nächstes Jahr ist geplant, alle gynäkologischen Abteilungen miteinzubeziehen. Spätestens in fünf Jahren sollen Daten in allen Hamburger Krankenhäusern und in allen Bereichen erhoben werden.

Finanziert wird die Projektstelle zunächst von den Krankenhäusern. Diese rechnen die entstandenen Kosten über die Pflegesätze mit den Krankenkassen ab. Hartwig Mellmann, neu gewählter erster Vorsitzender der HKG, schätzte die bislang angefallenen Kosten für die Projektstelle auf eine halbe Million Mark. Hinzu kämen noch die Kosten der Datenerhebung im Krankenhaus.

So schön sich das Projekt der externen Qualitätssicherung anhört, es läßt Wünsche offen. So ist vorgesehen, die PatientInnen nur bis zu ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus zu befragen. Langzeitschäden oder solche, die erst nach Jahren sichtbar werden, fallen aus der Kontrolle heraus. Hier fehlt bislang eine Zusammenarbeit zwischen Klinik- und stationärem Bereich.

Wie wichtig gerade langfristige Erhebungen sind, zeigen die Vorfälle im UKE. Denn die Nebenwirkungen der Bestrahlung von Krebskranken treten in der Regel erst nach fünf Jahren auf, doch bislang bekommen die Radiologen keine Rückmeldung über die Folgen ihrer Behandlung. Vielleicht hätte man früher um das Ausmaß der Nebenwirkungen gewußt, wenn schon zuvor eine unabhängige Kommission die dort eingesetzte Strahlentherapie bewertet hätte.

Annette Bolz