Schrumpfen bis auf Weltniveau

■ Die vier ostdeutschen Chemieriesen sollen in kleinere GmbH umgewandelt werden / Neue Entlassungswelle

Berlin (taz) – Für jede Mark Umsatz, die die ostdeutschen Chemiefirmen machen, müssen die SteuerzahlerInnen 50 Pfennig drauflegen. Damit stehen Leuna, Buna, die Chemie AG und die Sächsischen Olefinwerke heute schlechter da als noch vor zwei Jahren, als der Verlust sich zwar ebenfalls auf etwa eine Milliarde Mark addierte, die Umsätze dafür aber doppelt so hoch waren wie heute.

Die Breuel-Behörde plant jetzt, die Betriebe weiter in kleinere Einheiten zu zerhacken und noch mehr Leute zu entlassen. Dahinter steht die Hoffnung, letztendlich doch Abnehmer für diese DDR- Ladenhüter zu finden. Noch arbeiten knapp 18.000 Menschen in den vier Treuhandbetrieben; 11.350 Leute sind in privatisierten Firmenteilen untergekommen. Die vollständige Schließung der Treuhandbetriebe im Chemiedreieck wird seit einer Zusage Kanzler Kohls bei einem Besuch 1991 vor Ort ausgeschlossen. „Das war eine politische Entscheidung“, kommentiert eine Treuhandsprecherin.

Die bisherigen Vorstände und Aufsichtsratsmitglieder der hochdefizitären Treuhandunternehmen wurden letzte Woche nach Berlin zitiert, bekamen ein paar Dankesworte und wurden „verabschiedet“, wie es in einer Erklärung heißt. Nach der Umwandlung der Aktiengesellschaften in mehrere kleinere GmbH sollen neue Leute das Ruder übernehmen. „Davon wissen wir nichts. Hier bleibt personell alles beim alten“, glaubte gestern hingegen noch die Pressesprecherin von Buna. Immerhin habe man im Herbst erstmals von der Treuhand den Segen für ein Sanierungskonzept bekommen. Die finanzielle Unterstützung sei endlich abgesichert, nachdem sich das ehemalige Kombinat seit Herbst 1990 immer wieder vergeblich darum bemüht hatte, Hilfe für die Sanierung aus Berlin zu bekommen. „Unsere Konzepte waren bisher lediglich zur Kenntnis genommen worden“, so die Sprecherin.

Die Treuhand hat in den letzten Jahren nach eigenen Angaben 1,9 Milliarden DM in die Großchemie investiert. Das meiste Geld davon dürfte allerdings nicht für technische Neuerungen, sondern für Sozialpläne und ähnliche Begleitkosten des Schrumpfkurses draufgegangen sein. Jetzt sollen 15 Milliarden DM in die vier Firmen fließen. In zwei Phasen sollen die Betriebe „Wettbewerbsfähigkeit auf Weltniveau“ erreichen, sagte Treuhandvorstand Klaus Schucht. Zunächst sollen die Standorte gesichert werden, indem haufenweise blaue Briefe verschickt und zugleich neue Geschäftsfelder gesucht werden. Anschließend sollen die Kapazitäten aufgestockt und die Rohstoffkosten verbessert werden. aje