Lokalkoloratur

Den meisten jüngeren bis mittelalten RedakteurInnen ist er in ihrer Ausbildung als Vorbild empfohlen worden, und auch die Schreiberin dieser Zeilen hatte bei ihren ersten journalistischen Gehversuchen im Amtsgericht den Anspruch im Kopf, hinter der nüchternen Verhandlung über Recht und Paragraphen die Geschichte der beteiligten Menschen aufzuspüren, so wie es Gerhard Mauz wöchentlich im Spiegel vormachte. Gestern hat die Stadt Hamburg den 68-Jährigen mit dem Alexander-Zinn-Preis ausgezeichnet. Wie Kultursenatorin Weiss hervorhob, geht es Mauz „nicht um Sensationen“, sondern um die Tragödien dahinter: „Sie versuchen immer, Verständnis für jene Verstrickungen zu wecken, die in Verbrechen münden.“ Dabei war das Genre der Gerichtsreportage nicht gerade der Traum des Psychologen und früheren Verlagslektors. Als ihn der Spiegel 1964 für diese Aufgabe engagierte, habe er zunächst überhaupt keine Lust dazu gehabt. Rückblickend meinte der viel Gelobte gestern, daß wohl gerade diese widerstrebende Herangehensweise an die deutsche Justiz entscheidend für sein Werk gewesen sei: „Man muß noch fassungslos sein können über das, was im Gericht passiert.“ ch