Schindluder mit dem Mietenspiegel

■ Mieterverein warnt Vermieter / 200.000 Mieterhöhungen befürchtet   Von Marco Carini

Eine „fette Beute für Hamburgs Vermieter“, so bewertet Eckard Pahlke, Chef des Mietervereins zu Hamburg, den vorgestern veröffentlichten neuen Mietenspiegel. Danach stiegen die Mieten der 370.000 freifinanzierten Wohnungen je nach Berechnungsart durchschnittlich zwischen 8,9 und 12,8 Prozent. Pahlke: „Es ist ein Hohn, wenn die Hausbesitzer jetzt jammern und klagen, daß wegen zu geringer Mietsprünge die Rendite nicht mehr stimmt“.

Doch viele HauseigentümerInnen belassen es nicht beim Zetern; sie werden in den nächsten Wochen noch einmal kräftig zuschlagen. Rechnet der Mieterverein „Mieter helfen Mietern“ in den kommenden zwei Monaten mit 50.000 Mieterhöhungen, geht Pahlke von einer Zahl von „100.000 bis 200.000“ aus. Doch oft machten Formfehler und üble Tricksereien die Mieterhöhungen unwirksam. Pahlke: „Von den 10.000 Erhöhungsbegehren, die wir in diesem Jahr bearbeitet haben, waren nur gut 100 völlig korrekt.

Da verlangen Vermieter mehr Kohle mit der Begründung, alles sei „teurer geworden“, die „Kosten und Handwerkerlöhne“ seien gestiegen. Pahlke: „Ein juristisches Nullum, nur der Bezug auf die im Mietenspiegel festgelegte ortsübliche Vergleichsmiete taugt als Begründung“. Auch wenn Vermieter versuchen, mit Hilfe von Sachverständigengutachten die Miete in die Höhe zu treiben, heißt es, sich nicht einschüchtern zu lassen. „Die Gutachten sind meist weit überhöht, und vor Gericht zählt im Zweifelsfall der Mietenspiegel“ weiß Pahlke. Doch auch mit dem Mietenspiegel läßt sich trefflich tricksen. Altbauten werden von manchem Vermieter nach einer Modernisierung plötzlich als Neubauwohnungen eingestuft, deren Mietniveau weit höher liegt. Und manche Bruchbude wird zum Palast hochgejubelt, um Mieten oberhalb des Mietspiegelmittelwerts zu rechtfertigen. Ein anderer beliebter Vermietertrick: Aus einer normalen Wohnlage wird plötzlich eine gute. Hier hilft dem Mieter ein Blick ins amtliche Wohnlagenverzeichnis, in dem jede Straße eingestuft ist und das den Einwohnerämtern und den Mietervereinen vorliegt.

Auch dürfen Bäder und Heizungen nicht in die Mietpreisberechnungen einfließen, wenn der Vermieter diese selbst eingebaut hat. Und eine nach dem Mietenspiegel zulässige Mieterhöhung ist nicht rechtmäßig, wenn die 'Kappungsgrenze' überschritten wird. Danach ist eine Mietsteigerung von mehr als 30 Prozent innerhalb von drei Jahren ungesetzlich; bei vor August 1981 erbauten Wohnungen, deren Kaltmiete 8 Mark pro Quadratmeter überschreitet, liegt das Limit sogar bei nur 20 Prozent.

Eckard Pahlke rät deshalb: „Prüfen Sie genau, ob eine Erhöhung gerechtfertigt ist, Sie haben vom Endes des Zustellungsmonats an zwei Monate Überlegungsfrist.“ Beim leisesten Zweifel empfiehlt sich ein Anruf beim Mieterverein zu Hamburg (Tel: 32 12 60) oder bei „Mieter helfen Mietern“ (Tel: 431 39 40).

(Siehe auch Seite 20)