Atomtransport: Entsorg-Theater zweiter Akt

■ Blockaden in Brokdorf verzögerten Brennelemente-Transport nach Sellafield

Der zweite Transport abgebrannter Brennelemente aus dem Atommeiler Brokdorf hat gestern mittag seine Fahrt nach Sellafield angetreten, wo er am Freitag eintreffen soll. Aufgrund zahlreicher Protestblockaden verzögerte sich der Transportbeginn um rund drei Stunden. Vom Brokdorfer Werkstor mußten etwa 30 DemonstrantInnen, die den Abtransport verhindern wollten, von der Polizei weggetragen werden. Während vor zwei Wochen die Ordnungshüter Wasserwerfer gegen rund 100 Werkstor-BlockiererInnen eingesetzt hatten, verlief die gestrige Aktion ohne Zwischenfälle.

Bereits in den frühen Morgenstunden hatte eine Spezialeinheit der Polizei einen Schwerlastkran auf dem Gelände des Atomkraftwerks Brunsbüttel geräumt, mit dessen Hilfe der brennstoffbeladene Transport-Container auf einen Spezialwaggon der Bundesbahn umgeladen werden sollte. Die sieben DemonstrantInnen, die den Kran seit Montag besetzt gehalten hatten, wurden vorläufig festgenommen. Gegen sie wird wegen Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung ermittelt. Auf dem Hamburger Hauptbahnhof, durch den die Transporte laufen, kam es gestern nachmittag ebenfalls zu einer Protestaktion gegen die strahlende Fracht.

Greenpeace kritisierte, daß bereits zum zweiten Mal in kurzer Zeit Brennstäbe nach Sellafield „abgeschoben werden“. Die schleswig-holsteinische Landesregierung handle doppelzüngig. Wer durch vier eigene Gutachten nachweise, daß die Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennelemente in Sellafield gegen deutsches Recht verstoße, da dabei große Mengen Radioaktivität an die Umwelt abgegeben werden, dürfe eine solche Entsorgung nicht genehmigen.

Schon heute sei die Umgebung von Sellafield radioaktiv verseucht, erkrankten die Menschen zehnmal häufiger an Leukämie als im übrigen Großbritanien. Und nach der geplanten Inbetriebnahme einer zweiten Anlage in Sellafield werde sich die radioaktive Emission verzehnfachen.Die Umweltschutzorganisation forderte die Vorstandsvorsitzenden der Brokdorf-Betreiber HEW und PreußenElektra auf, nach Sellafield zu fahren, um sich dort ein Bild von den tödlichen Folgen ihrer Entsorgungsstrategie zu machen. Marco Carini