Bremen schenkt Bonn 3,8 Millionen

■ Arbeitsamt konnte zusätzliche ABM-Millionen nicht verteilen / Projekte gingen leer aus

Wie vom Himmel sind im Herbst knapp 30 Millionen Mark zusätzlich für ABM-Stellen nach Bremen geschneit. Einzige Bedingung des aus unverbrauchten ABM-Geldern der fünf neuen Länder stammenden Segens: Die Millionen müssen bis zum 31. Dezember vollständig in konkrete Projekte umgesetzt sein. Und genau das hat das Bremer Arbeitsamt nicht geschafft. So gehen jetzt 3,8 Millionen Mark ungenutzt wieder zurück in die große Kasse des Bonner Finanzministers.

„Wir haben es immerhin geschafft, 72 Prozent der zusätzlichen Mittel zu binden.“ So formuliert Christian Hawel, Leiter des Bremer Arbeitsamtes, die gleiche Tatsache. Mit „laufenden Überstunden“ habe man in den letzten Wochen „Berge von Akten durchgearbeitet“ und dabei immerhin 25,4 der 29,2 Millionen Mark ausgeben können – „das ist auch im Vergleich mit anderen Arbeitsämtern ein Top-Ergebnis“, so Hawel. Lediglich die kleinen Arbeitsämter in Leer und in Bremerhaven hätten es geschafft, die vollen 100 Prozent der zusätzlichen ABM-Mittel zu verplanen.

In Bremen konnten mit den Zusatz-Millionen rund 1.300 Arbeitslose in ABM-Stellen vermittelt werden. Die meisten von ihnen haben ihre neue Arbeit bereits angetreten. In der Arbeitslosenstatistik des Novembers hat sich dies bereits in einem leichten Rückgang der Quote bemerkbar gemacht. Die schlimmste Zeit der ABM-Knappheit scheint damit vorerst überwunden. Am Ende des Sommers war nämlich die Zahl aller Bremer ABM-Kräfte auf einen historischen Tiefstand unter 800 abgesunken. Für 1994 rechnet Hawel jetzt wieder optimistisch mit „2.000 bis 2.400 Plätzen“.

Die Struktur dieser Stellen wird sich allerdings stark verändern. War ABM in vergangenen Jahren eine wichtige Stütze der selbstverwalteten Bremer Projekteszene, sind die ABM-Stellen in diesem Bereich inzwischen an einer Hand abzuzählen. Auch bei dem jetzt verteilten Millionen-Nachschlag sind die Projekte leer ausgegangen. „Unsere Anträge sind bereits im Vorfeld zurückgewiesen oder einfach gar nicht beantwortet worden“, klagt Gunnar Peters vom „Netzwerk Selbsthilfe“.

Tatsächlich haben vor allem die großen Träger von „Beschäftigungsinitiativen“ das Rennen gemacht. Allein knapp 800 der 1.300 zusätzlichen Stellen sind im „Hilfskräfte-Programm“ an Ungelernte und Langzeitarbeitslose sowie deren „Anleiter“ in den Beschäftigungsinitiativen gegangen. „Der früher anerkannte Aspekt, mit ABM auch innovative Infrastrukturen im öffentlichen Nutzen zu fördern, ist völlig weggefallen“, bemängelt Peters vom „Netzwerk“. In der schon stark zusammengeschrumpften Projekteszene habe sich darüber inzwischen der Zynismus breitgemacht. „Nur Behinderte könnten wir noch kriegen“, sei im letzten Projekteplenum geklagt worden.

Eine Benachteiligung der Selbsthilfe-Projekte bei der ABM-Vergabe weist Arbeitsamts-Chef Hawel allerdings zurück. „Die Anträge haben einfach nicht in die vorgegebenen Kriterien gepaßt“, sagt er. Und daß am Ende fast vier Millionen Mark zurückgegeben werden müssen, sei dem Arbeitsamt nicht vorzuwerfen: „Wir haben genügend getan.“

Das allerdings bezweifeln die Selbsthilfe-Vertreter. Schließlich sei in den ABM-Kriterien die Rede davon, daß „vorrangig“ besonders benachteiligte Arbeitslose zu berücksichtigen seien. Peters: „Und vorrangig bedeutet doch wohl, daß die anderen auch noch drankommen, wenn bei den besonders förderungswürdigen Gruppen keine Anträge mehr vorliegen.“ Die Rückgabe der Gelder in den großen Bonner Topf sei jedenfalls die für Bremen schlechteste aller MöglichkeitenAse