Der vagabundierende Spieleführer

■ In Bremen entwickelt: die erste Datenbank für Computerspiele / Jetzt soll sie bundesweit verbreitet werden

Wenn sie sich im Sinne des Erfinders verhält, diese Spieledatenbank, dann wird sie sich bald fortpflanzen durchs Spielermilieu der ganzen Republik, dann wird sie nach sinnvollen Regeln wie von selber anwachsen und immer auf dem neuesten Stand sein. Search'n'Play wird nämlich auf drei bis fünf Disketten gepackt und sodann gratis auf den Markt geworfen, wo seit Jahren die Kids hinter den neuesten Spielen her sind; all diesen Suchenden bietet das Programm einen ausführlichen Überblick. Ein jeder kann sich die Datenbank frei kopieren. Und vor allem: Jeder darf fast nach Herzenslust reinschreiben und den Bestand erweitern und aktualisieren.

Im Erfolgsfalle also wird Search'n'Play wie ein Sielrechen alles aufsammeln, was an Spielen den Markt überschwemmt, wird Kommentare, Botschaften und Einschätzungen der Spieler speichern und weiter verbreiten, und in regelmäßigen Abständen könnte man dann wieder erweiterte Versionen auf den Weg bringen. Hinter dem Projekt steht erstens die Einsicht, daß die herkömmlichen Printmedien dem rasanten Markt nicht mehr gewachsen sind, und zweitens die „Bundeszentrale für politische Bildung“, die das Projekt unter ihre Fittiche genommen hat.

Programmiert hat die Datenbank, übrigens die bundesweit erste dieser Sorte, der Bremer Sozialwissenschaftler Friedemann Schindler, und das Arbeitsamt hat ihn im Rahmen einer Fortbildungsmaßnahme dabei unterstützt. Nun ist das Werk beinah getan; in wenigen Wochen wird die erste Version, zunächst mit einem Grundbestand von fünfzig gängigen Spielen, veröffentlicht werden.

Die Datenbank präsentiert sich ziemlich komfortabel unter Windows: Als erstes erscheint ein Sortierbildschirm, wo man sich schon mal vorab beispielsweise alle Adventure-Spiele auswählen lassen kann, die für Kinder ab 8 Jahren taugen und zudem mit Ökothemen befaßt sind. Sodann kann man sich nach Herzenslust durch die Spielelisten klicken: Zu jedem Spiel erscheint eine bebilderte Kurzbeschreibung; weitere Informationen holt man sich, indem man diesen oder jenen Schalter drückt. Wahlweise gibt es dann pädagogische Bewertungen, ein Textfenster mit Tips und Tricks für die Lösung kniffliger Probleme oder einfach einen Notizzettel, auf dem man Nachrichten an alle Welt niederlegen kann.

Wirklich interessant wird's, wenn die Kids sich entschließen, in aller Form ihren Senf dazuzugeben: Mittels einer ausgeklügelten Dialogführung macht das Programm quasi ein Interview mit dem Spieler und hilft ihm, aus den Antworten einen qualifizierten Bewertungstext zu erstellen. Zum Lohn darf der Auskunftgeber seine Adresse beifügen, was für die Kids mit ihrem enormen Kontaktbedarf ziemlich reizvoll sein dürfte; im Grunde kann der Kommentar sogar mit einem persönlichen Bildnis und einem gesprochenen Kurztext versehen werden.

Weil nicht jeder über die dafür nötigen Scanner und Soundkarten verfügt, denkt Schindler daran, eine elaborierte Version seiner Datenbank extra für den Gebrauch in Jugendfreizeitheimen einzurichten. Auch mit verschiedenen Mailboxbetreibern wird schon verhandelt: Wenn erst einmal die Datenbank in einer leistungsfähigen Mailbox installiert wäre, hätten die User per Telefonleitung und Modem immer Zugriff auf den neuesten Stand.

Bis jetzt ist aber ungeklärt, wie sich das Projekt weiter entwickeln soll, wer hinkünftig die Datenbank pflegt und vor allem auch, von welchem Geld. Schindler indessen plant unverdrossen weiter: Wenn etwa einmal die CD mit ihrem immensen Speicherplatz sich durchgesetzt hat, dann will er Teile der Spiele gleich mit auf die CD packen. Dann könnte man mit der Datenbank auch gleich sein Spielchen treiben. schak