Häkeln fürs Finanzamt

■ Weihnachtsbasar wird steuerpflichtig: Die Hälfte vom guten Zweck kassiert das Finanzamt

Wer hat nicht schon ein kleines gehäkeltes Deckchen auf einem Weihnachtsbasar gekauft im Glauben, mit dem Geld einen Beitrag zum guten Zweck geleistet zu haben? Eine gute Tat, aber weit gefehlt, von einem Topflappenpaar will das Finanzamt einen haben. Von jedem gehäkelten Deckchen oder selbstgebackenem Kuchen, daß auf den Weihnachtsbasaren des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) der vergangenen Jahre in Bremen verkauft wurde, ging über die Hälfte an den Fiskus. Das DRK muß aufgrund einer neuen Steuergesetzgebung 120.000 Mark nun nachträglich Umsatz-, Gewerbe, und Körperschaftssteuer für den jährlich stattfinden Wohltätigkeits- Weihnachtsbasar zahlen. „Wir haben das bis heute nicht ganz verstanden“, sagte Ernst Diekmann, Präsident des DRK- Landesverbandes Bremen.

Weihnachtsbasare werden seit 1990 Steuerrechtlich wie „wirtschaftliche Geschäftsbetreibe“ veranschlagt. „Wir werden hier gleichgesetzt mit einem Betrieb wie Karstadt“, sagte Klaus Pietsch, Geschäftsführer des DRK-Landesverbandes Bremen. Die Steuerregelung betreffs Weihnachtsbasare sieht allerdings einen Freibetrag von 60.000 Mark vor. Die erzielten Ergebnisse des Bremer DRK lagen, nach ihren eigenen Angaben, „nur geringfügig darüber“. Geprüft wurde vom Finanzamt zunächst im üblichen Rahmen von drei Jahren: 1991, 1990 und 1989. Nach dieser Prüfung legte das Finanzamt den Prüfzeitraum um weitere drei Jahre zurück. Seit 1991 läuft der DRK- Weihnachtsbasar nach einem neuen System. Für die Jahre 1985 - 1990 erhebt das Finanzamt eine Steuernachzahlung. Die 40.000 Mark Umsatzsteuer hat das DRK schon bezahlt. Der Rest bleibt ein kleines Problem: „Wir dürfen als gemeinnütziger Verein keine Gewinne machen, wovon sollen wir also die Steuern zahlen?“, fragt sich Ernst Diekmann. Spenden?

Das neue System, das sich der DRK für den Weihnachtsmarkt ausgedacht hat, ist inzwischen gänzlich Steuerfrei. Die oftmals älteren ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen des Basars melden ihren Stand als eigenes Unternehmen an, und dürfen somit den Freibetrag von 60.000 Mark vollends ausschöpfen. Den meisten Helferinnen ist diese unternehmerische Tätigkeit jedoch etwas unheimlich. Wer wisse, ob sie nicht auch eines Tages rückwirkend Steuern zahlen müßten. „Der Einsatz der Helferinnen ist durchaus gefährdet“, sagte Maria Elisabeth Erling vom DRK.

Der Landesverband Niedersachsen macht ebenfalls einen jährlichen Weihnachtsmarkt. Doch rein rechnerisch liegt dessen Reinerlös unter 60.000 Mark. Dort gibt es höhere Ausgaben. Wie bei anderen „wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben“ wirken sich unter anderem Personalkosten, Produktionskosten usw. steuermindernd aus. Die großen Firmen könnten mit diesem Instrumentarium umgehen; Werner Kahrs vom Finanzamt Bremen deutete diese Möglichkeiten der Steuererleichterung an. Zum Fall des DRK könne er nichts sagen, da er dem Steuergeheimnis unterliege. Dem Tonfall nach hat sich Werner Kahrs jedoch über den Wunsch des DRK, diese Angelegenheit öffentlich zu machen, gewundert. Gehen wir recht in der Annhame, daß das DRK nicht richtig bei seinen Nachbarsverbänden abgeguckt hat, wie man das machen muß, damit man nichts bezahlt? Vivianne Agena