Moderne des Automechanikers

■ Plüsch und Plunder haben bei Hausstaub-Allergien keine Chance

Ich kenne das schon: dieses Zögern, meine Wohnung zu betreten, das ängstliche Sich-Vortasten in den Flur, den Kopf ständig wendend, als lauere irgendwo ein Feind. Als meine Besucherin endlich mitten im Wohnzimmer steht, quält sie sich ein Lob ab: „Ach, du hast es ja hier modern.“ Denn dem allgemeinen Einrichtungs-Standard entspricht diese Wohnung nicht - ich bin gegen Hausstaub allergisch.

Meine Besucherin fühlt sich „irgendwie verlassen“. Ich geleite sie zu meinen Plastik-Sesseln: schön streng im Design, kubische Grundform, mit schwarzem Leder-Imitat überzogen. Sie sinkt hinein, lächelt. Vor ihr steht ein Metalltischchen, natürlich ohne Tischdecke. „So wohnst du also“, stellt sie irritiert mit Blick auf den ärmlich scheinenden blanken PVC-Boden und die nackten Fenster ohne Gardinen fest, „kannst du es dir denn gar nicht gemütlich machen?“

Ich weiß, vor ihrem inneren Auge entstehen Wohnoasen mit Plüschsofas, in deren Ecken sich mindestens zwei kleine Kissen kuscheln, all dies umgeben von einer Brokat-Tapete und umflort von schweren Perser-Teppichen. Mal abgesehen davon, daß dies nicht meinen Geschmack träfe, ich würde diese Wohnkultur nicht ertragen können. Denn diese Heimeligkeit würde nicht nur meiner Besucherin gefallen, sondern auch den Milben, diesen winzigen Tierchen, deren Kot für meine Allergie verantwortlichlich ist.

Die Milben wohnen besonders gerne dort, wo es warm und feucht ist. Zudem lieben sie alle Orte, in denen sich Staub und organische Mikro-Partikel wie Hautschuppen sammeln können, denn davon ernähren sie sich. Hausstaub-AllergikerInnen müssen deshalb ihre Wohnung so einrichten, daß möglichst wenig Staub entsteht und er schnell entfernt werden kann.

Im Klartext: keinen Teppich, keine Gardinen, keine Stoff- oder Leder-Sofas, keine Holzmöbel und keine Bücherregale - denn Milben mögen auch Holz und Papier, keine Daunen-Bettwäsche, keine Matratzen mit Naturfaser-Anteilen. Gut geeignet sind dagegen Latex-Matratzen und Bett-Inlets, die sich kochen lassen.

Was Milben nicht mögen, ist konsequentes Industrial-Design: Metallene Kargheit bis ins Detail. Tinnef - weg damit! Tapeten an den Wänden - nein danke! Deckchen, Kissen und Schnickschnack - igitt! Für manche meiner Gäste mag meine Wohnung zwar aussehen wie die Werkstatt eines verarmten Automechanikers. Doch der Charme der klassischen Simplizität meiner Stahl-Möbel schlägt jedes hölzerne Ikea-Ambiente um Längen. Meine Besucherin jedenfalls blieb schließlich zwölf Teetassen lang in meiner Wohnung. Greta Eck