Nacht bis Nußknacker

■ Mit erhobenen Häuptern, gesenkten Abopreisen und verschärftem Willen zur Popularität geht die Kammerphilharmonie in die nächste Saison

Wie es war, wird es nicht so recht bleiben können. Unsere Kammerphilharmonie hat sich etliches einfallen lassen, um nunmehr in Bremen endgültig anzukommen: Zum Beispiel werden schon einmal die Abopreise um bis zu 40 Prozent gesenkt. Das soll bei den üblichen sechs Abokonzerten in der Glocke die Platzauslastung verbessern. Bisher steht man bei durchschnittlich 68 Prozent, was zur erforderlichen Kostendeckung noch nicht ganz hinreicht.

Außerdem wird ab dato einem jeden Konzert ein Publikumsgespräch in der Angestelltenkammer vorangehen. Auch offene Proben sind denkbar und alles, was sonst noch dem Publiko Freude machen könnte. Selbst die Idee, einmal vor einem regelrechten Bühnenbild zu konzertieren, ward geprüft und wirklich angenommen: Der chinesische Künstler Shan Fan wird nach und nach eine riesige, blaue Leinwand hinter dem Orchester bemalen, nach jedem Konzert ein bißchen mehr, je nachdem, bis alles zugewachsen ist.

Zum ersten paßt schon gut das Blau: Es steht unter dem Motto „Nacht“ und umfaßt spätromatische bis vollends mondsüchtige Werke von Schönberg über Wolfgang Rihm bis Antonin Dvorak. Den Takt schlägt der neue Erste Gastdirigent Jirí Belohlávek (1. Februar). Das zweite Konzert trägt den Titel „Süden“, so wie jetzt überhaupt alle Abokonzerte thematisch benamst werden; da erklingen u.a. Werke von Respighi und Ginastera, und zum Dirigieren kommt, o Jegerl, tatsächlich wieder einmal unser Marcello Viotti herbeigeflattert (24. März).

Im dritten Konzert wird sich die Kammerphilharmonie das berühmte Arditti-Quartett einverleiben, um zu zeigen, wie verschiedenste Komponisten, namentlich Schönberg, Brahms und der junge Magnus Lindberg, sich der „Barockform“, so der Titel, bemächtigt haben (13. Mai). Das vierte Konzert bietet eine rasante Reise durch die Geschichte des „Kontrapunktes“ mit Zwischenhalt bei Bach, Haydn, Webern und Karl Amadeus Hartmann (22. Oktober); das fünfte, betitelt „Norden“, nimmt sich folgerichtig der Komponisten Joonas Kokkonen, Carl Nielsen und Jean Sibelius an (26. November). Und im sechsten Konzert schließlich wollen die Bläsersolisten anläßlich der Nußknackersuite zeigen, daß man von Tschaikowsky nicht unbedingt Karies kriegt.

Darüber hinaus wird das Orchester weiterhin seine fulminante Reisetätigkeit ausüben; die Tour-neen nach Südamerika und China sowie beispielsweise das Schönbergopernprojekt mit Pierre Boulez eingerechnet, gibt das fast 90 Konzerte im 94er Jahr. schak