Öffentliche Toiletten als Räume für Fixer

■ Drogenberatungsstellen begrüßen Vorschlag von Bargstedt als „mutig“

Der Vorschlag aus der Gesundheitsverwaltung, stadtweit Hygieneräume für Fixer einzurichten, wird von Berliner Drogenberatungsstellen mehr als begrüßt. Dieser Vorschlag werde den praktischen Gegebenheiten gerecht und sei deshalb „recht mutig und überhaupt einmal konstruktiv“, sagte Astrid Leicht vom Verein Fixpunkt. Ihr Verein betreut obdachlose Junkies unter anderem mit Hilfe eines sogenannten Arztmobils. „Man hat gar nicht mehr daran geglaubt, daß so ein Vorschlag von dieser Seite kommt“, sagte Monika Brühhahn vom Verein BOA, der unter anderem eine Drogenberatungsstelle in Tiergarten und Prenzlauer Berg führt.

Um die gesundheitliche Situation von Junkies zu verbessern, hatte sich Peter Bargstedt, Referatsleiter in der Gesundheitsverwaltung, am Dienstag auf einer öffentlichen Veranstaltung dafür ausgesprochen, Drogenabhängigen in allen Bezirken Räume zur Verfügung zu stellen, die weder von Ärzten noch Sozialarbeitern beaufsichtigt werden (siehe taz von gestern). Ohne die Aufsicht gerate – im Gegensatz zu den diskutierten „Druck“- und „Gesundheitsräumen“ – der Staat weder in einen gesetzlichen noch moralischen Konflikt. Beispielsweise könnte die Kirche Träger dieser Einrichtungen sein. Voraussetzung für das Modell: Die Polizei behellige die Fixer in diesen Räumen nicht. Astrid Leicht hält es dagegen auch für denkbar, daß in einem ersten Schritt bestimmte öffentliche Toiletten ausschließlich Fixern zur Verfügung gestellt werden. Ohnehin würden heute bereits 30 Toiletten von Fixern als „Hygieneraum“ genutzt, in 13 befänden sich Sammelcontainer für Spritzen, die Fixpunkt entsorge. Sie lobte dabei die Mitarbeiter der Berliner Stadtreinigung (BSR), die mit den Abhängigen harter Drogen, aber auch mit Alkoholikern „gelassen“ umgingen und für ohnmächtig gewordene Leute Hilfe holten.

Wenn der Senat es wollte, sagte Leicht, könne er die hygienischen Bedingungen dort sofort verbessern. Für die Erste Hilfe sei auch die Installation von Notrufmeldern nötig. Sie schlug vor, daß sich Politik, Drogeneinrichtungen, Polizei und BSR an einen Tisch setzen, die bisherigen Erfahrungen mit den Toiletten auswerten und über Verbesserungen nachdenken.

Brühhahn von BOA betonte, daß für Hygieneräume das Selbsthilfepotential genutzt werden könne. Eine Trägerschaft für die Einrichtungen könne statt der Kirche möglicherweise auch der Gruppe Jes (Junkies-Exuser-Substituierte) übernehmen. Die Verbesserung der Situation in öffentlichen Toiletten könne dagegen nur ein erster Schritt sein. Bei einem Konzept mit Hygieneräumen sei noch eine Menge zu regeln, auch die Frage, ob sich die Polizei darauf einlasse. Dirk Wildt