Frau Schalcks geheimes Schließfach

Fahnder und der Schalck-Untersuchungsausschuß sind einem bislang unentdeckten Bank-Schließfach des KoKo-Fürsten Schalck-Golodkowski auf der Spur / SPD fordert neue Vernehmung  ■ Aus Bonn T. Scheuer

Über drei Jahre lang haben Polizisten, Staatsanwälte, Treuhand- Prüfer, parlamentarische Untersuchungsausschüsse und Journalisten das weitverzweigte Netz der Tarnfirmen und Westkonten des Alexander Schalck-Golodkowski und seines Untergrundimperiums „Kommerzielle Koordinierung“ (KoKo) aufgedröselt.

Doch das Ende der Schalck-Kanals ist offenbar nicht in Sicht. Überraschend sind jetzt aufgetaucht: ein geheimes Bank- Schließfach in Westberlin, bisher unbekannte Konten und eine weitere Briefkastenfirma in Liechtenstein.

Bei der Otto Scheurmann Bank-Kommanditgesellschaft, domiziliert in bester Lage am Kurfürstendamm 52 in Berlin, unterhielt Schalcks Ehefrau Siegrid seit dem 29. August 1983 ein Schließfach – und zwar zur Tarnung unter ihrem Mädchennamen Gutmann. Dies teilte die Bank vorgestern dem Schalck-Untersuchungsausschuß in Bonn mit. Brisantes Detail: Frau „Gutmann“ persönlich räumte und kündigte das geheime Schließfach am 22. Januar 1990 – da befand sich „Big Alex“ bereits in Bayern unter den Fittichen des westdeutschen Bundesnachrichtendienstes (BND).

Auf die Spur des geheimen Bankdepots waren die bundestäglichen Schalck-Aufklärer durch die Vernehmung der Westberliner Geschäftsfrau Christa Wachsen geraten. Die leitete zu DDR-Zeiten die Firma Wachsen GmbH, die über die Briefkastenfirma Befisa im schweizerischen Lugano KoKo gehörte. Frau Wachsen hatte der Frau „Gutmann“ die Vollmacht für ein privates Bankkonto bei der Bank für Handel und Effekten (BFHE) in Zürich erteilt. Im Gegenzug war sie Bevollmächtigte der Schalckschen Box bei Scheurmann.

Im Dezember 1989, Republikflüchtling Schalck saß noch in Moabit in U-Haft, bat seine Gattin ihre Geschäftsfreundin Wachsen, sich doch „für alle Fälle“ mal bei bei der Bank Scheurmann vorzustellen.

Bei der Zürcher BFHE unterhielt auch eine bislang unbekannte KoKo-Tarnfirma ein Konto, die „Anstalt Mondessa“, ebenfalls in Vaduz ansässig. Das „Mondessa“- Konto Nr. 12 33 32 bei der BFHE wurde interessanterweise unter dem Decknamen „Alexander“ geführt und während der Wendewirren im Oktober 1989 plötzlich in „Septo“ umbenannt.

Bei Scheurmanns in Berlin verfügte die „Mondessa“ ebenfalls über ein Konto. Dort unterhielt auch Schalcks Stellvertreter, der Stasi-Oberst Manfred Seidel, vorübergehend ein Konto: Es wurde am 27. Juli 1990, also erst nach der Wende, eröffnet und mittlerweile wieder aufgelöst.

Welche Transaktionen Schalck- Vize Seidel über das Scheurmann- Konto abwickelte und was Schalck-Gattin „Gutmann“ im Januar 1990 aus ihrem Geheimdepot räumte, soll nun der U-Ausschuß des Bundestages klären. SPD-Obmann Andreas von Bülow beantragte gestern förmlich, den Beschluß zur Beendigung der Beweisaufnahme dazu noch einmal aufzuheben und Herrn Seidel sowie die Damen „Gutmann“ und Wachsen im Januar erneut vorzuladen.