Brillanter Opernspaß

■ Cecilia Bartoli führte ihr Publikum in der Musikhalle durch die Geschichte der Arie

Als Cecilia Bartoli das letzte Mal hier war, stellte sie Rossini, den unbekannten, den Lied-Komponisten Rossini vor. Und es war ein Erlebnis. Diesmal hatte sie wieder was Besonderes. Cecilia Bartoli nahm ihr Publikum bei der Hand und führte durch die Geschichte der Opernarie. Mit den Renaissance-Liedern des Florentiners Caccini ging es los. Monodisch melancholisch klang das, sparsam im Ausdruck, sparsam im Timbre.

Die Sparsamkeit behielt sie bei. Auch in den frühen Arien des Neapolitaners Alessandro Scarlatti, in denen sie mit spaßigen, triolenbegleiteten Verzierungen brillierte, im langsameren Se florindo é fedele mit einer Piano-Kultur voll verhaltenen Drängens. Fast den Abend durch sang sie eher piano, die Stimme dabei erstaunlich plastisch, deutlich noch im Verklingen. Auch in den Stücken von Caldara, Cesti und wieder Caccini dunkel gefärbte Trauer, Liebesleid in Schäferlyrik, schöne Texte, empfindsam einfache Melodien. Bei Paisiello - welch kluge Dramaturgie! - Buffo-Töne, die Bartoli singt das mit Witz, verhalten aber voll. Im Vivaldi vor der Pause ist die Stimme wie ein Instrument eingesetzt. Wo dümmere Mädchen vor lauter Gesangsartistik laut würden, bleibt sie leis, melancholisch, präsent. Mozart liegt ihr nicht. Dazu noch in zwei Liedern auf französisch, das wiederum Mozart gar nicht lag. Bei Bellini ist sie dann wieder dabei. In Vaga luna che inargenti geht der Mond auf - nicht blaß und nicht kalt, aber vanillefarben und warm timbriert, so recht nach dem Herzen unglücklich Liebender. Zum Beschluß große Ausdruckskunst in Vien, diletto aus den Puritani, schwerst singbare Kolloraturen und Verzierungen mit Verve und Charme gesungen, Anstrengung kennt sie nicht. In der Zugabe Rossinis Canzonetta spagnola, am Ende Carmens berühmte Habanera. Cecilia Bartoli sang das in ironischer Siegerpose, als Buffo-Heroine. Die gute alte Musikhalle, wenn man so sagen will, war völlig aus dem Häuschen. Stefan Siegert