Feuer und Flamme für unseren Müll

■ Müllverbrennungsanlage Borsigstraße geht in Betrieb / Abfallgebühren steigen

Advent, Advent, die Mülle brennt. Fritz Vahrenholt (GAL-Spott: Feuer-Fritze) konnte gestern in der neuen Hausmüllverbrennungsanlage in der Borsigstraße (MVB) den Probebetrieb starten. In der neuen „Müllverwertungsanlage“, wie sie von den Betreibern HEW und Veba schönfärberisch genannt wird, sollen jährlich 320.000 Tonnen Abfall „entsorgt“ und dabei 80 Megawatt Fernwärme – genug für 20.000 Haushalte – gewonnen werden. Spätestens am 1. März 1994, wenn die alte, halb so große Verbrennungsanlage am gleichen Standort eingemottet wird, soll die MVB ihren Regelbetrieb aufnehmen.

Für Vahrenholt stellt die Inbetriebnahme der neuen „Entgiftungsanlage“ einen „bedeutenden Schritt auf dem Weg zum Ausstieg aus der Mülldeponie Schönberg“ dar. Merkwürdig nur: Trotz der termingerechten Inbetriebnahme verzögerte sich der anvisierte Ausstiegszeitpunkt um zwei Jahre. Während Vahrenholt vor einem Jahr noch die hanseatische Abkehr von Europas größter Müllhalde für 1995 „fest im Blick“ hatte, will er heute „spätestens 1997“ aus der Mega-Kippe raus.

Schuld daran hat für den Umweltsenator Schleswig-Holstein, dessen Behörden eine Genehmigung für den Ausbau und die Nachrüstung der Müllverbrennungsanlage in Stapelfeld zielgerichtet verschleppen: „Es ist ein ungeheurer Skandal, was da passiert“. In der Hansestadt hingegen stehen die Zeichen voll auf Feuer. Noch im Januar soll über den Standort für die im „Koalitionsvertrag“ (Vahrenholt-Versprecher) zwischen SPD und Statt Partei festgeschriebene dritte Müllverbrennungsanlage im Senat entschieden werden. Der Umweltsenator will sie im Hafengebiet unterbringen, hat dort aber mit dem Widerstand der Wirtschaftsbehörde zu kämpfen. Als Alternativstandort ist weiterhin Billbrook im Gespräch.

Rund 235 Millionen Mark hat die Anlage an der Borsigstraße gekostet, weitere Millionen wird die Nachrüstung der MVA Stellingen verschlingen. Die Müllgebühren, daran läßt der Umweltsenator keinen Zweifel, müssen deshalb in den kommenden Jahren kräftig steigen: um rund 20 Prozent. Dafür wird der Schadstoffausstoß durch „den neuesten Stand der Technik“ rapide abgesenkt. So wird zukünftig im Einzugsbereich der Anlage nur ein Tausendstel der gesamten Luftverunreinigung durch Dioxin aus den MVB-Schloten stammen; weit weniger als bisher.

Und die Belastung der AnwohnerInnen durch den Ausstoß von „Nitrosaminen“ entspricht in zwanzig Jahren der Belastung durch ein einziges Glas Bier. Na denn, Prost!

Marco Carini