: Glatteis auf dem Schulflur
■ Eltern erstellen Mängelliste / Sanierungsmittel versanken im Behördensumpf
Schimmelnde, stinkende Wände, Risse in den Wänden, vergammelte Fenster – so sieht es in immer mehr Bremer Schulen aus. Versprochene Gelder erreichen selten ihren Bestimmungsort. Allein in diesem Jahr werden voraussichtlich ein Viertel der Haushaltsmittel für diesen Zweck nicht eingesetzt werden. „Mangelnde Koordination zwischen den Behörden und Bauämtern“, sieht Lizzie Most- Werbeck von der Elterninitiative „Runder Tisch gegen Schulraumnot“ als Ursache für diesen Stillstand.
Gestern hatten die zornigen Eltern eine dicke Dokomentation mit Foto-Anhang über den üblen baulichen Zustand der Bremer Schulen vorgestellt. Ausgangsmaterial war vor allem eine Umfrage, für die 136 Schulen angeschrieben worden waren. Geantwortet hatten allerdings nur 48. Resümee: „Über viele Jahre wurden bauliche Notfälle einfach verschlampt“, so Most- Werbeck.
Zum Beispiel in Osterhop: Seit zwei Jahren wartet die Schule auf eine dringend notwendige Dachsanierung – vergebens. Most- Werbeck: „In der Praxis bedeutet das wegen des Durchregnens bei Frost Glatteisgefahr auf zwei Fluren.“ Aber die Mängeliste ist noch viel länger. Sie reicht von unsicheren elektrischen Anlagen, die schon allein wegen der Brandgefahr erneuert werden müßten, bis hin zur fehlenden Turnhalle für Lernbehinderte. Die Elternvertreterin: „Es ist gut nachvollziehbar, daß diese miserablen Zustände Frustationen und Gewaltbereitschaft bei den Kindern hervorrufen. Wie sollen Kindern Werte vermittelt werden, wenn in ihrem Umfeld keine zu erkennen sind?“
Die Vorwürfe werden auch vom Bildungssenator nicht bestritten. Sprecherin Birgitt Rambalski gestern: „Es stimmt, daß wir in diesem Jahr die für Schulsanierungen zur Verfügung stehenden Gelder nicht voll ausschöpfen können. Das ist allerdings nicht unsere Schuld, sondern liegt vor allem an der Arbeitsweise des Hochbauamtes.“
Im originalen Beamtenton der entsprechenden Vorlage für die Bildungsdeputation liest sich das dann so: „Die Eigengesetzlichkeiten des Bauwesens lassen sich nicht mit dem Prinzip der Jährlichkeit der Haushalte zur Deckung bringen. Das geltende Baurecht, die anderkannten Regeln der Technik und die zwingend einzuschaltenden Verfahren lassen eine zeitliche Engführung nicht zu. In der Praxis des Vollzuges klaffen hier die Gesamtverantwortung des Bildungsressorts für die Steuerung der Mittelabflüsse und die dezentrale Objektverantwortung bei den bauenden Ämtern weit auseinander. Die Setzung inhaltlicher (Notwendigkeit) und zeitlicher (Dringlichkeit) Prioritäten ist faktisch unmöglich.“
Elternvertreterin Lizzie Most-Werbeck sagt es einfacher: „Die haben ja noch nichtmal, eine Liste, in der alle Mängel einfach einmal zusammengestellt sind.“ Zumindest das Problem scheint in den Behörden inzwischen erkannt. „Im nächsten Jahr gehen wir mit einem Vorschlag in den Senat, die Schulsanierung einer womöglich sogar als Eigenbetrieb verselbständigten Abteilung „integrierte Baumittelsteuerung“ zu übergeben. Wie heißt es noch dazu in der Deputationsvorlage? – „Der erste Schritt wird mit dem Aufbau eines umfassenden und abgestimmten Berichtswesens getan. Zum voll funktionstüchtigen System fehlt noch manches; das zeigt u.a. diese Vorlage.“
Alia Rayyan
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