Suu Kyi in Abwesenheit geehrt

■ Der Sohn der birmesischen Menschenrechtlerin nahm „Bremer Solidaritätspreis“ entgegen

Gestern abend, am „Tag der Menschenrechte“, wurde die birmanische Oppositionspolitikerin Aung San Suu Kyi während eines Festaktes im Bremer Rathaus mit dem „Bremer Solidaritätspreis“ ausgezeichnet. Damit wurde die birmanische Politikerin, die sich an der Spitze der Demokratiebewegung für eine Beendigung der Militärdiktatur in Birma einsetzt, zum ersten Mal auch in Deutschland offiziell gewürdigt.

An Stelle der Politikerin, die erst 1988 aus dem Exil nach Birma zurückgekehrt war, mußte ihr Sohn Kim Aris den Preis entgegennehmen. Denn Aung San Suu Kyi selbst wird seit 1989 in ihrem Haus in Rangoon unter Arrest gehalten. Das Angebot der Militärjunta, sie könne das Land verlassen, lehnt die Politikerin strikt ab.

Der „Bremer Solidaritätspreis“ ist auf 10.000 Mark dotiert und wird von der Stadt Bremen alle zwei Jahre verliehen. Mit der diesjährigen Preisträgerin rückt das südostasiatischen Land wieder in das Bewußtsein der Öffentlichkeit – seit der Verleihung des Friedensnobelpreises 1991 ebenfalls an Aung San Suu Kyi war es um die Lage in Birma still geworden. „Obwohl sich politisch dort grundsätzlich lange nichts geändert hat“, sagt Silvia Feist vom Burma-Büro in Bochum. Sie begrüßt deshalb den Preis als ein Mittel, den Forderungen nach Demokratisierung Nachdruck zu verleihen.

Vor kurzem erst seien aussichtsreiche Verhandlungen zwischen der Junta (State Law and Order Restauration Council, SLORC) und Teilen der oppositionellen Demokratiebewegung über einen Waffenstillstand angefangen worden. Damit seien möglicherweise auch Voraussetzungen für politische Verhandlungen geschaffen. „Die allerdings geschehen ohne die Teilnahme von Aung San Suu Kyi“, schränkt sie ein. Deren Befreiung, wie auch die vieler anderer inhaftierter RegimekritikerInnen im Land werde damit jedoch wahrscheinlicher.

Auf den Anstoß des Burma-Büros geht das Informationsangebot zurück, das die Preisverleihung erstmalig begleitet. Neben einer Kundgebung zur Situation der Menschenrechte in Birma (heute um 14.30 Uhr am Goetheplatz) ist darin vor allem eine Diskussion zum Thema „Menschenrechte und Militärdiktatur“ (heute um 17.00 Uhr im Überseemuseum) vorgesehen, an der birmanische Flüchtlinge teilnehmen.

Nach Deutschland jedoch gelangt nur ein verschwindend kleiner Teil der Menschen, die aus Birma flüchten müssen. Die Mehrzahl von ihnen lebt in den Nachbarländern Thailand oder Bangladesch. In Bremen sind Amt für Ausländerintegration.

Es gab auch Kritik an der Preisverleihung. Sie wurde in Form eines „Offenen Briefes“ an Bürgermeister Wedemeier laut und bezieht sich auf die Lebensbedingungen von Flüchtlingen in Deutschland: „Wir hegen Zweifel, ob ausgerechnet der Bremer Senat legitimiert ist, ,Zeichen der Ermutigung' für jene zu geben,'die sich mit Ungerechtigkeit und Unterdrückung nicht abfinden'“. Die Absender, ehemalige MitarbeiterInnen der Kampagne 500, kritisieren die Ernsthaftigkeit der Verleiher: „Wäre Frau Aung San Suu Kyi als wenig prominente Flüchtlingsfrau in Bremen gestrandet, wäre sie als ,offensichtlich unbegründet Asylsuchende' schon am Flughafen abgeschoben worden“, heißt es weiter im Brief.

Walter Swoboda, einer der Mitverfasser, begründet den Ärger persönlich: „Gleichzeitig mit der Einladung zur Preisverleihung wurde ich vor Gericht geladen. Weil ich im Oktober gegen die Aufhebung des Abschiebestopps kurdischer Flüchtlinge aus Bremen protestiert habe. Da muß man kritische Fragen an den Senat stellen.“

Eva Rhode