Rußlands Reformer suchen Gemeinsamkeit vor Wahl

■ Erfolge der Ultranationalisten befürchtet

Moskau (taz) – Der russische Wahlkampf geht in die letzte Runde, und die Politiker nutzen die letzten Stunden vor den morgigen Abstimmungen zu Appellen. „Denke nach, Nation! Und entscheide!“ titelte gestern die Prawda und stellte die Seite 2 dem KP-Vorsitzenden Zyuganov zur Verfügung. Seine Ausführungen galten nicht den sozialen Kosten der Reform, sondern der „Bedrohung“ Rußlands: „Die praktische Realisierung der Pläne einer neuen Weltfriedensordnung unter der Diktatur des Westens hat begonnen.“ Die Regierungszeitung Iswestija erklärte derweil auf einer ganzen Seite den Lesern die neue Verfassung.

Der Leiter der Jelzin nahestehenden Partei „Wahl Rußlands“, Jegor Gaidar, versucht unterdessen, die reformorientierten Parteien zu einer Zusammenarbeit zu bewegen. Der voraussichtliche Wahlsieger bot dem sozialdemokratischen Wahlbündnis Jawlinskij/Boldyrew/Lukin, der Demokratischen Partei und der Partei der Russischen Einheit und Verständigung an, ihre Kandidaten in zwölf Mehrheitswahlkreisen zu unterstützen. Zur Zusammenarbeit bereit scheinen die Parteien bisher jedoch allein in den Wahlkreisen, in denen die sogenannte Liberaldemokratische Partei Schirinowskis sehr stark erscheint.

In der letzten Woche ist die Popularität des Ultranationalisten stark gestiegen. Einigen Umfragen zufolge nimmt Schirinowski, auch „Rußlands Hitler“ genannt, die zweite Position hinter Gaidars „Wahl Rußlands“ ein. her

Reportage Seite 11