Brüderlichkeit statt Zeitgeist

■ Ohne Johannes Rau feierten die Deutschen Turner 125. Jubiläum

Die Rückbesinnung auf die alte Turnertugend „Brüderlichkeit“ hat der Präsident des Deutschen Turner-Bundes (DTB), Jürgen Dieckert, gefordert. „Gerade heute tut Solidarität in der Bundesrepublik bitter not.“ Dieckert sprach seine Laudatio in Hamburg beim Festakt zum 125jährigen Jubiläum der deutschen Turnverbände. Das runde Datum für den Geburtstag lieferte die Gründung der Deutschen Turnerschaft 1868.

Die Absage des erkrankten Johannes Rau nahm der etwas schlaffen Zeremonie am Sonntag einen Teil des erhofften Glanzes. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident und SPD-Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten ließ sich im Winterhuder Fährhaus von seinem Kultusminister Hans Schwier vertreten. Auch NOK-Präsident Walther Tröger ließ sich entschuldigen.

Schwier forderte den Turnsport vor den 400 Festgästen dazu auf, sich „auch gegen den Zeitgeist zu behaupten. Der Sport ist Teil des Mörtels, den die Gesellschaft braucht, damit sie nicht auseinanderfällt“ behauptete er. Eduard Lintner, Staatssekretär im Bundesinnenministerium, warb um Verständnis für die Mittelkürzungen, die den Sport nicht verschonen. Auch der DTB wird im kommenden Jahr 15 Prozent weniger aus Bonn bekommen.

Funktionäre warnten jedoch davor, beim Sport den Rotstift anzusetzen. Hans Hansen, Präsident des Deutschen Sportbundes, sagte: „Es darf nicht nach dem Rasenmäherprinzip gekürzt werden.“ DTB-Präsident Dieckert weitete seine Kritik auf die Kommunen aus: „Nutzungsentgelte für Sportanlagen und Bäderschließungen treffen den Lebensnerv der Vereine.“

Hamburgs Erster Bürgermeister Henning Voscherau erinnerte als Schirmherr des 29. Deutschen Turnfestes im kommenden Mai in der Hansestadt daran, daß seiner Meinung nach die bisherigen Turnfeste in Hamburg 1898 und 1953 Feste des Fortschritts waren: „Mit dem heutigen Tag ist schon ein wenig Turnfestatmosphäre in die Stadt eingezogen.“

Großen Beifall erhielten die Hamburger Sänger Friederike Krum und Stefan Drews für die Uraufführung der Turnfesthymne mit dem Titel „Hand in Hand bewegen wir die Welt“. Im Rahmenprogramm wurde die offizielle Gymnastik des ersten Turnfestes in Hamburg vor 95 Jahren gezeigt. Der Spagat zwischen Tradition und Moderne wurden mit aktuellen Gymnastik- und Aerobic-Übungen demonstriert. Für den spitzensportlichen Akzent sorgte auf der Bühne des Theaters der Reckweltmeister Ralf Büchner auf Hannover mit seiner Darbietung am Seitpferd. beag