Wohnen autofrei – wer ist dabei?

■ Erste autofreie Siedlung soll kommen / Rechtliche Probleme ausgeräumt    Von Marco Carini

Eigentlich könnte es gleich losgehen. Mehrere hundert InteressentInnen stehen Fahrrad bei Fuß, die rechtlichen Probleme scheinen lösbar und im Kooperations-Vertrag zwischen SPD und Statt Partei ist sie auch verankert: Hamburgs erste autofreie Wohnsiedlung. Top-Favorit für das Pilotprojekt: Die geplante Großsiedlung Allermöhe III.

Juristische Barrieren für eine autofreie Siedlung sind nach einem im Auftrag der Umweltschutzorganisation Robin Wood erstellten Rechtsgutachten überwindbar. „Die rechtlich zulässigen Möglichkeiten sind ausreichend“, betont der Hamburger Rechtsanwalt Kersten Wagner, der mit anderen Kollegen die Bewertung erstellt hat. Danach können die Mietverträge an eine Erklärung der MieterInnen gekoppelt werden, auf den Privat-PKW zu verzichten.

Die Verzichtserklärung müsse jedoch durch einen Zumutbarkeitsvorbehalt ergänzt werden, nach der Siedlungs-BewohnerInnen die Anschaffung eines Privatwagens zugestanden wird, wenn etwa aus beruflichen oder gesundheitlichen Gründen ein Fahrverzicht unzumutbar würde. Und noch etwas anderes wäre für den Juristen Wagner höchst angebracht: „Erleichtert würde so ein Projekt durch eine Novellierung der Hamburger Bauordnung, die heute noch jeden Bauherren verpflichtet, pro Wohnung einen Stellplatz zu errichten oder sich für teures Geld von dieser Verpflichtung loszukaufen“.

Optimistisch stimmt Robin Wood hingegen, daß in den Kooperationsvertrag zwischen SPD und Statt Partei die einst von der GAL in die gescheiterten Koalitionsverhandlungen eingebrachte Forderung nach einem „Pilotprojekt autofreies Wohnen“ Eingang gefunden hat. Fünf geplante Wohnsiedlungen sind dabei für diesen Modellversuch im Gespräch.

Die Stadtentwicklungsbehörde (Steb) favorisiert die geplante Siedlung Allermöhe III für ein „autoarmes“ Wohnmodell. Steb-Sprecher Tom Janßen: „Wir planen in diese Richtung“. Doch „einen Zwang“ zum Verzicht auf den eigenen PKWs werde es „nicht geben, gut begründete Ausnahmen“ seien möglich. Janßen: „Wir wollen keinen Stacheldraht mit Wachtürmen um Allermöhe, auf denen Robin Wood sitzt, um die Schranke für Privatwagen zu öffnen oder zu schließen“.

Von allen zur Zeit für das Pilotprojekt infrage kommenden Neubaugebieten ist Allermöhe III mit rund 3.000 Wohnungen zwar das größte, aber auch das, dessen Erstellung sich am längsten hinziehen wird: bis ins kommende Jahrhundert.

Die ehemalige Trabrennbahn Farmsen, auf der rund 1.000 Wohneinheiten entstehen sollen, ist am längsten für einen autofreien Modellversuch im Gespräch. Doch Steb-Sprecher Tom Janßen blockt ab: „Wir sind da pessimistisch, weil wir Probleme mit dem Investor erwarten“. Im Januar will der Eimsbüttler Stadtplanungsausschuß darüber beraten, ob es nicht auch in dem geplanten Wohngebiet auf dem ehemaligen HSV-Stadion Rotherbaum autofrei zugehen könnte.

Die weiteren, jeweils von der lokalen SPD ins Gespräch gebrachten, möglichen Standorte sind die Altonaer Zeisewiese und das Gelände der Alsterdorfer Polizeikaserne, auf denen ebenfalls neue Wohnblöcke entstehen sollen.