Militärmacht Nordkorea

■ Rüstungsexporte nach Syrien / US-Debatte über Kriegsgefahr

Berlin (taz) – Um dem russischen Präsidenten Boris Jelzin im Vorfeld der Wahlen keine Ungelegenheiten zu bereiten, hat die US- Regierung nur leise protestiert, als russische Luftfrachter Rüstungsgüter aus Nordkorea nach Syrien transportierten. Dies berichtete die New York Times unter Berufung auf Regierungskreise am Sonntag. In zwei Maschinen seien Zugmaschinen vor etwa zwei Monaten nach Syrien geliefert worden, die im allgemeinen als Unterbau für Scud-Raketen genutzt werden. US-Präsident Bill Clinton habe vergeblich in Moskau protestiert.

Nordkorea, das in der vergangenen Woche erstmals zugegeben hat, in wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu sein, versucht soviel Kriegsgerät wie möglich zu verkaufen, da es kaum andere Exportgüter hat. Aufgrund spärlicher Informationen sind die Pjöngjang- Beobachter auf ein gutes Maß Phantasie angewiesen, wenn sie sich über Motive und Intentionen der politischen Führung in diesem Land auslassen. Angesichts der Weigerung Pjöngjangs, die Atomanlagen des Landes uneingeschränkt durch die Wiener Atombehörde (IAEO) inspizieren zu lassen, ist vor allem in den US- amerikanischen Medien in den vergangenen Monaten die atomare Bedrohung durch Nordkorea beschworen worden. Pjöngjang bestreitet, Atombomben zu bauen.

Zusätzlich wurden Berichte über verstärkte Truppenkonzentrationen an der Grenze zu Südkorea laut. Auf der Titelseite des US- Nachrichtenmagazins Newsweek prangte Ende November ein grimmig blickender nordkoreanischer Soldatenkopf, daneben die Frage: „Ist dies die größte Bedrohung für den Weltfrieden?“ Vorsichtiges Fazit der Newsweek-Schreiber: Zwar sei die nordkoreanische Gesellschaft hochmilitarisiert. Der 22-Millionen-Staat leistet sich eine Million Soldaten. Doch das sei lange bekannt und habe sich nicht besonders verschärft. Neu allerdings sei die Besorgnis in der gegenwärtigen Regierung über die Fähigkeit Südkoreas, sich im Falle eines konventionellen militärischen Angriffs aus dem Norden zu verteidigen. Eine geheime Studie des Pentagon, über die die Washington Post am Sonntag berichtete, sah für den Fall eines solchen Angriffs „Zehn- oder Hunderttausende Opfer“ voraus und die Notwendigkeit der Entsendung von US-Truppen in weitaus größerer Zahl als während des Golfkrieges. Doch US-Verteidigungsminister Les Aspin wiegelte am gleichen Tage ab: Die Kriegsgefahr sei nicht größer als vor drei oder zehn Monaten. li