Den Betrug beenden

■ Greenpeace bemängelt, daß Verstöße gegen Baurichtlinien unvermindert weitergehen / Jetzt soll der Rechnungshof helfen

Obwohl im öffentlichen Wohnungsbau die Verwendung von Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW), PVC und Tropenholz völlig oder überwiegend verboten ist, werden diese Stoffe kaum weniger benutzt. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat in den vergangenen zwei Monaten erneut 30 Baustellen kontrolliert und auf allen die umstrittenen Materialien entdeckt, berichtete gestern Greenpeace-Experte Carsten Körnig. Körnig nannte von neun Baustellen Bauherren und Verstöße – die größte befindet sich in der Hansastraße (Tiergarten). Dort erstellt die Groth & Graals GmbH 445 Wohnungen und verwende verbotenerweise FCKW- haltige Dämmplatten.

Greenpeace wirft den Bauherren Subventionsbetrug vor. Denn die finanzielle Förderung im öffentlichen Wohnungsbau darf seit 1990 nur in Anspruch nehmen, wer sich auch an die entsprechenden Richtlinien hält. Diese Vorschriften verbieten die Verwendung verschiedener Materialen und Stoffe: FCKW, weil das Gas die Ozonschicht zerstört; PVC, weil bei einem Feuer erhebliche Mengen des Seveso-Gifts Dioxin und Salzsäure entstehen, sowie Tropenholz, weil die Abholzung der Regenwälder nicht gefördert werden soll. Die Aufheizung der Erdatmosphäre soll weltweit zu einem Viertel von FCKW verursacht sein. Für alle Stoffe gebe es Ersatzmaterialien.

Körnig kritisierte aber auch den Berliner Senat. Er dulde „dieses umweltkriminelle Gebaren und läßt Subventionsbetrüger laufen“. Obwohl die Umweltorganisation seit mehr als zwei Jahren ständig Verstöße nachgewiesen habe, seien Greenpeace nur in drei Fällen Konsequenzen bekannt. In zwei Fällen habe es Vertragsstrafen zwischen 20.000 und 40.000 Mark gegeben und im Preußischen Landtag habe der Bauherr auf eigene Kosten FCKW-haltige Dämmplatten entfernen müssen. Greenpeace forderte gestern erneut, daß Bausenator Wolfgang Nagel (SPD) für eine Kontrolle geförderter Baustellen, eine Verschärfung der Strafen und eine Umkehr der Beweislast sorge – so müßte im Zweifelsfall der Bauherr belegen, daß er sich an die Richtlinien halte. Doch bisher spreche sich der Senat sogar gegen zu verhängende Konventionalstrafen aus.

Um dem Subventionsbetrug ein Ende zu setzen, will Greenpeace nun den Rechnungshof einschalten. Die Kontrollbehörde soll prüfen, ob der Zweck der finanziellen Förderung – ökologisch bauen – überhaupt erreicht werden könne. Körnig verspricht sich allein von dieser Überprüfung schon einen Erfolg: „Bauverwaltung und die Investitionsbank Berlin müssen sich rechtfertigen.“ Dirk Wildt