Krajina: Babić siegt

■ Befürworter eines „Großserbien“

Wien (taz) – Nach den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in der sogenannten serbischen „Republik Krajina“ droht in Kroatien nun ein neuer Krieg. Denn am Wochenende ging der radikale Serbenführer Milan Babić unerwartet als Sieger für das Amt des „Staatspräsidenten“ hervor. Mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen entfielen damit auf einen Mann, der als Kriegsverbrecher international gesucht wird.

Konflikt mit Serbiens Präsident Milošević

Dem neuen „Präsidenten“ wird zur Last gelegt, den serbischen Aufstand gegen die kraotische Zentralregierung im Sommer 1991 angeführt und seine Kämpfer zu Terroraktionen gegen Zivilisten angestachelt zu haben. Um damals die serbische „Republik Krajina“ ausrufen zu können, griff Babić zu den Mitteln von Einschüchterung, Mord und Massenvertreibung von allen, die selbst keine Serben waren.

Mit diesem militanten Kurs kam er zeitweilig sogar in Konflikt mit Belgrad. Serbiens Präsident Slobodan Milošević ließ ihn deshalb im vorigen Frühjahr durch den „gemäßigteren“ Goran Hadžić absetzen. Dieser regierte bisher als „Staatsoberhaupt“ einen international nicht anerkannten Kleinststaat mit knapp 400.000 Einwohnern.

Hadžićs Niederlage als Präsidentschaftskandidat und Vorsitzender der Sozialistischen Partei könnte nun auch Auswirkungen für Serbien haben: In Belgrad wird am kommenden Wochenende ebenfalls ein neues Parlament gewählt. Sollte der Krajina-Trend anhalten, dann schwinden auch im serbischen Mutterland die Siegeschancen zugunsten neofaschistischer Kräfte. Miloševićs Sozialistische Partei hätte dann das Nachsehen. Zwar gibt es zum Ausgang der Krajina-Wahlen noch keine amtlichen Endergebnisse – bislang liegen nur Hochrechnungen vor –, doch scheinen neben Babić auch die Freischärlerverbände um die Warlords Vojislav Šešelj und Zelko Raznjatović Arkan relativ gut abzuschneiden.

Für Serbien hieße dies: Die bisherige Regierung der Sozialisten müßte eine Koalition mit der extremen Rechten bilden, einer Rechten, die mit noch militanteren Mitteln die „serbischen Länder“ in Kroatien und Bosnien einem neuen großserbischen Reich einverleiben möchte. Im Vorfeld des Urnengangs erklärte Kroatiens Präsident Franjo Tudjman die Wahlen für illegal und warnte, falls radikale Serben in den „besetzten Territorien“ die Oberhand gewinnen sollten, dann würde er vor einem „Befreiungsschlag“ nicht mehr zurückschrecken, egal zu welchen Ergebnissen die Genfer Friedensgespräche führen sollten. Die Voraussetzungen für einen neuen serbisch-kroatischen Waffengang sind nun gegeben.

Vier Tote bei Angriff auf Sarajevo

Bei einem Granatenangriff auf das Stadtzentrum von Sarajevo sind unterdessen gestern mindestens vier Menschen getötet worden. Nach Korrespondentenberichten schlug ein Geschoß kurz nach Mittag in der Nähe der Drvenija- Brücke in der Altstadt ein. Die bosnische Hauptstadt lag am Nachmittag weiter unter Mörserbeschuß. Karl Gersuny