In der Schwebe zwischen Efta und EU

■ 17 Staaten gehören zum Europäischen Wirtschaftsraum

Brüssel (taz) – Am 1. Januar wird Europa um eine Unübersichtlichkeit reicher. Ein Jahr später als geplant unterzeichneten die Europäische Union und fünf der sieben Efta-Staaten das Abkommen über die Schaffung des Europäischen Wirtschaftsraumes EWR.

Zum Jahresanfang entsteht damit eine Freihandelszone, die mit 375 Millionen Menschen zwar hinter der amerikanischen Freihandelszone Nafta (USA, Kanada und Mexiko) nur die zweitgrößte sein wird, aber wirtschaftlich dichter verflochten ist als das amerikanische Modell.

Ursprünglich sollte die gesamte Efta, die 1960 als Antwort auf die im Kalten Krieg stark ideologisch ausgerichtete EWG gegründet wurde, mit der Europäischen Gemeinschaft zum EWR verschmelzen. Aber die Schweizer Bevölkerung lehnte den Beitritt in einem Volksentscheid ab. Daraufhin setzte auch Liechtenstein, das wirtschaftlich aufs engste mit der Schweiz verflochten ist, seinen Beitritt erst einmal aus. Dadurch mußte der gesamte Vertrag noch einmal überarbeitet werden.

Die übrigen fünf Efta-Länder, Schweden, Norwegen, Finnland, Österreich und Island werden zum Jahresbeginn die Wirtschaftsregeln der EU übernehmen und gemeinsame Außenzölle erheben. Außerdem verpflichten sie sich, die Weiterentwicklung auf eine gemeinsame Wirtschaftspolitik der EU zu unterstützen und die notwendigen Schritte in Richtung auf die Währungsunion mitzumachen. Im Gegenzug erhalten sie begrenzte Mitspracherechte in der EU und ein paar hundert handelspolitische Ausnahmeregelungen.

Für Österreich, Finnland, Schweden und Norwegen stellt der EWR-Beitritt keine allzugroße Überwindung mehr dar, weil sie ein Jahr später ohnehin in die EU aufgenommen werden sollen. Die Streitpunkte bei den EWR-Verhandlungen waren also fast dieselben wie bei den EU-Beitrittsverhandlungen. Österreich wehrte sich gegen das Agrapreissystem und mit Blick auf die Brenner-Autobahn gegen die Liberalisierung der Verkehrspolitik, Schweden gegen den freien Kapitalmarkt, und Island und Norwegen verteidigten ihre Fischgründe.

In der Hoffnung, daß die Sterne bei den zeitlich um ein paar Monate versetzten EU-Beitrittsverhandlungen vielleicht günstiger stehen, wurden die strittigsten Punkte mit dem Etikett „vorübergehende Ausnahme“ beklebt und der heikle Bereich der Agrarpolitik aus dem EWR ganz ausgeklammert. Ungelöst ist auch noch das Verhältnis der fünf Efta-Überläufer zu ihren früheren Freihandelspartnern Schweiz und Liechtenstein. Alois Berger