In Sachsen-Anhalt formiert sich ein neues Kabinett

■ Aus christlich-liberaler Sicht ist die Regierungskrise in Magdeburg jetzt vorbei

Magdeburg (taz) – Sondierungsgespräche hatte es schon in der letzten Woche gegeben, bei den tatsächlichen Koalitionsverhandlungen für Sachsen-Anhalt hatten sich CDU und FDP allerdings unter Zeitdruck gesetzt. Gestern mittag fanden die Koalitionsverhandlungen zwischen FDP und CDU in Sachsen-Anhalt dann ihren Abschluß. Zur Zufriedenheit beider Parteien, wie Regierungschef Christoph Bergner (CDU) verkündete. Fest steht nun: Christdemokraten und Liberale haben ihren Ehevertrag erneuert, als Zugabe bekam die FDP die Zusage für reguläre Landtagswahlen noch vor der politischen Sommerpause. Alles Nähere, so heißt es in den Vereinbarungen, regelt ein Kabinettsbeschluß.

Aber auch die Liberalen mußten im erneuerten Ehevertrag zwischen CDU und FDP Federn lassen. „Die Koalitionspartner stimmen darin überein, daß die bisher vom Ministerium für Bundes- und Europaangelegenheiten wahrgenommenen Aufgaben künftig durch die Staatskanzlei und die zuständigen Ressorts übernommen werden“, steht mit dürren Worten in der schwarzgelben Vereinbarung. Bislang hielt die FDP den heißen Draht nach Bonn und Brüssel fest in liberaler Hand.

Noch unklar war gestern vormittag, ob sich die Liberalen mit ihrer Forderung nach weiterhin vier Regierungsressorts durchsetzen konnten. Neben dem Europaministerium besetzten sie bislang die Ressorts Umwelt, Wirtschaft und Wissenschaft. Zu Beginn der offiziellen Koalitionsverhandlungen hatten sie noch selbstbewußt mit dem Finanzministerium geliebäugelt.

Fest steht aber, daß der Niedersachse Walter Remmers, der als einziger West-Import in der Landesregierung von Sachsen-Anhalt die Gehälteraffaire und die nachfolgende Regierungs- und Koalitionskrise unbeschadet überstanden hat, künftig einem omnipotenten Superressort vorstehen wird. Neben seinem Justizministerium soll er künftig auch das nach dem Abgang Hartmut Perschaus verwaiste Innenministerium übernehmen.

Unangenehm wird die christlich-liberale Einigung für Kultusminister Werner Sobetzko werden. Ihn stellt die CDU zur Disposition. In CDU-Kreisen hieß es gestern, das Ministerium werde mit dem medienpolitischen Sprecher der CDU-Fraktion, Reiner Schomburg, besetzt.

Nach der Einigung der Fraktionsspitzen und der Landesvorsitzenden von CDU und FDP wurde der erneuerte Ehevertrag gestern in den Familenclans von Union und Liberalen beraten. Heute will Christoph Bergner dem Landtag sein neues Kabinett präsentieren.

Zuvor stimmt der Landtag über einen Antrag von SPD und Bündnisgrünen auf vorzeitige Neuwahlen ab. Eine dafür erforderliche Zweidrittelmehrheit wäre angesichts der Einigung vom Montag eine politische Sensation.

Aus christlich-liberaler Sicht sind Regierungs- und Koalitionskrise damit vorbei. Damit sie aber nicht so schnell vergessen, was diese Krise ausgelöst hat, werden sie in der heutigen Landtagssitzung noch einmal schmerzlich daran erinnert. Bevor der Landtag von Sachsen-Anhalt mit den Haushaltsberatungen wieder zum politischen Alltagsgeschäft übergehen darf, muß er in einer aktuellen Debatte noch einmal die Gehälteraffaire diskutieren. Eberhard Löblich