Lahmes Rock 'n' Roll-Requiem

■ Festival Super Bang '93 in der Sporthalle: Berühmte Rockstandards im miesen Soundkleid

Rock and Roll will never die. Am Dienstag bot sich in der Sporthalle beim Festival Super Bang '93 eine erschreckende Darstellung dieser unsterblichen Wahrheit. Doch spätestens nach diesem Konzert wird einen die Erkenntnis plagen, daß, sollte man die unheilvolle Entscheidung treffen, eine Rock-Gruppe zu formieren, man nur noch klingen kann „wie“. Nach dem Fusionieren folgt wieder das Repetieren: der Zyklus der Langeweile.

Die erste Gruppe dieses desillusionierenden Abends, La Costa Rasa, hatte mit ihrer Funktion als Vor-Vorgruppe eigentlich schon verloren. Leider bestätigten auch sie jenes Klischee einer jungen, ins Vorprogramm namhafter Musiker gehievten Grunge-Combo, der die eigene Inspiration abgeht. Hier ein paar Bass-Schlagzeug-Gesangs-Passagen, dort ein wenig Drei-Ackord-Gekreische. Das ist der Nachwuchs im Nirvana. Sollte es mehr gewesen sein, so ging es in der sumpfigen Dub-Akustik der sich nach und nach füllenden Halle unter, die mit Echo von allen Seiten jeden differenzierten Klang verbietet. Licht aus, die nächsten bitte.

Monster Magnet, die einzigen, an die man noch wagte, Rocker-Hoffnung zu knüpfen - vergeblich. Nicht zuletzt aufgrund der akustischen Gegebenheiten, die ihren Schlagzeuger klingen ließen, als schlüge er auf Keksdosen ein. Das neo-nostalgische Konzept des Monster-Magnet-Theaters war, sehr zu ihrem Nachteil, nur noch in Rudimenten erkenntlich. Lobenswert blieben die unkontrolliert wirkenden Verrenkungen ihres gummiartigen und bebarteten Sängers, der sich einmal sogar von Fan-Händen die Gitarre verstimmen ließ. Während man an die Leinwand im Hintergrund blasse psychedelische Lichteffekte projizierte, rauschten im Vordergrund die verzerrten Wah-Wah-Gitarren. Hasch-Zombies. Schade, man hatte so gehofft.

Beim nächsten Akt des Requiems konnte sich der Hörer, der kein tiefgehendes Ramones-Studium vorweist, des Eindrucks kaum erwehren, alle, aber auch alle Stücke schon zu kennen. Mit ihren ewig gleichen, von einer ganzen Dekade untangierten Song-Strukturen werden die dienstältesten Punks der Welt ein Fall für die Wahrscheinlichkeitsforschung. Wie lange kann man das gleiche machen, ohne identische Songs zu komponieren?

Andrew Eldritch, Anfang und Ende der Dunkelmänner-Supergruppe Sisters of Mercy, schritt dann hinreißend anmutig und dennoch roboterhaft zwischen seinen geschickt vernebelten Dummy-Musikern umher. Das Konzept des Wahlhamburgers ist seit den Clubtagen vor etlichen Jahren unverändert geblieben. Ordentlich schnell gespielte Soundwälle mit Trockeneisschwaden und Unterlicht. Aber: Kreischende Rock-Soli verunstalteten hier jede gutgemeinte Syn-thie-Melodie. Wie so oft mußte man fragen: Warum so und nicht besser? Jan-Christoph Wolter