■ Kommentar: Schmidt muß mit
Wir müssen an dieser Stelle einen Irrtum eingestehen. Sie erinnern sich an die letzte Phase des Bürgerschaftswahlkampfs? Ja genau, als die SPD die Helmut-Schmidt-Plakate aus dem Keller holte. Prima Stimmenfang-Trick, urteilten wir damals, Omi wird begeistert sein, sich an die große Sturmflut erinnern und doch noch mal SPD wählen.
Falsch, oder sagen wir: zumindest unvollständig. Die Reaktivierung des Altkanzlers war eben nicht nur letzter Weg aus der Wahlkampfnot und auch nicht allein Zeugnis sozialdemokratischer Personalknappheit. Nein, sie war auch Programm, eine komprimierte Kurzfassung von Kooperationsvertrag und rotgrauer Regierungserklärung. Und sie war trefflicher Ausdruck jener Misere der politischen Klasse dieser Stadt, die sich mangels eigener Ideen zur Bewältigung der strukturellen Krisen der 90er Jahre zurückbesinnt auf kurzfristig angelegte ordnungspolitische Rezepturen der 70er.
Da ist es eben kein Zufall, daß Voscherau zur Krisenbewältigung in den sogenannten sozialen Brennpunkten nichts anderes einfällt als eine Dienstanweisung zur Steuerung des Zuzugs. Lösungen aus dem kleinen Notar-Baukasten: Politische Steuerung von oben, ein Gesetz, ein Machtwort des „Machers“ – und weg ist das Problem.
Markus Wegner hält nicht nur diese Voscherau-Forderung für „im Prinzip richtig“, sondern folgt dessen Macho-Phantasien insgesamt. Das verändernde Moment seiner Wählervereinigung beschränkt sich – leider – auf die Suche nach dem Zugang zur Macht. Im Parlament angekommen, mutieren die Polit-Neulinge zu Voscheraus Lieblingsspielzeug: Lauter kleinen Helmut-Schmidt-Puppen.
Uli Exner
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