Das Museum als Museum

■ Wulf Herzogenrath, Spitzenkandidat für das Amt des bremischen Kunsthallendirektors, stellte sich dem Kunstverein

Sollte er tatsächlich unser neuer Kunsthallenchef werden, und vieles spricht dafür, dann weiß Wulf Herzogenrath auch schon die Hauptfrage: Muß es denn sein, daß in seinem eventuellen Haus die Werke stur nach der Chronologie gehängt sind? Es muß nicht, findet er. Ein alter Impressionist könnte gut auch mal neben die Minimal-Artistin geraten; und dann gerne noch ein Blatt aus dem Kupferstichkabinett dazu, falls die Werke sich was zu sagen haben.

Am Dienstag trat der Museumsmann vor den hiesigen Kunstverein, um per Vortrag schon einmal das Problem des Umhängens in aller Breite aufzuwerfen. Und die vielen Kunstvereinsmitglieder spendeten ihr ganzes Verständnis, zumal der Vorsitzende, Dr. Dr. Blaum, den Kandidaten schon mit wärmsten Worten begrüßt und ferner gesagt hatte, daß nun endlich alles anders werden müsse.

Herzogenrath hatte in seinem Vortrag „Das Museum als Museum“ die schönsten Beispiele für allerhand Hängeabenteuer herbeizitiert, bis hin zu dem alten Fuchs John Cage, der einmal in einer Ausstellung das ganze Hängen kurzerhand dem Zufallsgenerator überantwortete, und zwar jede Woche aufs Neue, damit das Publikum sich selber seinen Reim mache. Gar nicht ausgeschlossen, daß solche Sachen selbst in Bremen mal vorkommen. Möglich, daß man z.B. dem einen oder anderen Künstler die Bestände und die Räume der Kunsthalle für geeignete Projekte zur Verfügung stellt.

Herzogenrath, geboren 1944, war von 1973 bis 1989 Direktor des Kölnischen Kunstvereins. Seit Juni 1989 ist er Hauptkustos an der Berliner Nationalgalerie; dort könnte er im April 1994 aussteigen, im Falle es erginge ein Ruf aus Bremen. Hierzulande rechnet man damit, daß im Januar die Frage entschieden ist.

Andere Bewerber hatten vor Herzogenrath schon wegen des winzigen Etats abgelehnt. Ihm aber ist wegen des Geldes nicht bang: „Irgendwo ist immer ein bißchen.“ Man dürfe natürlich, sagte er der taz, „ein international wichtiges Haus nicht so schlecht behandeln“, wie es die Stadt derzeit tut, „da muß Bewegung reinkommen, von beiden Seiten.“ Seinerseits will er, der als Fachmann für Gegenwartskunst gilt, schon auch mal „eine große, repräsentative Ausstellung“ beisteuern, „wenn außer dem Geld auch fürs Haus was herauskommt“.

Im übrigen gehe es nun darum, die vielen Schätze, die die Kunsthalle besitzt, wieder publikumswirksam zu präsentieren und „punktuell ganz aktuelle Schwerpunkte“ einzubauen, ohne aus der Kunsthalle gleich ein „Videomuseum“ zu machen. In den Bestand aber will er Medien wie Fotografie und Video auf alle Fälle integrieren. schak/tom