19 Millionen für zehntausend HörerInnen

■ Neumann: Kulturprogramme von Radio Bremen zu teuer / Dramatische Hörerverluste

„Für das Überleben von Radio Bremen sind einschneidende Sparmaßnahmen unverzichtbar“, auf diese knappe Formel bringt Bernd Neumann, Mitglied des Rundfunkrates und medienpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, seinen Einwand gegen die gerade verabschiedete Finanzplanung für nächsten Jahre. Das jährliche Defizit wird voraussichtlich in den nächsten vier Jahren bis auf 13,5 Millionen Mark steigen - das sind 8 Prozent des Etats.

Wo Radio Bremen sparen könnte, das ist für den Christdemokraten Neumann seit langem klar: bei den Kulturprogrammen. In den neuen Media-Analysen, deren detaillierte Version den Rundfunkratsmitgliedern vorenthalten wurde, stehen alarmierende Zahlen: Das Wort- Programm Radio Bremen 2 hat im Vergleich zu 1992 drei Viertel seiner HörerInnen verloren und ist von 16.000 auf 4.000 „Hörer täglich“ in Bremen gesackt. Radio Bremen 3, die neue Klassik- Welle, hatte zur Zeit der Umfrage gerade 6.000 „Hörer täglich“ im Lande Bremen. Neumann weiter: Auch die Hansawelle hat verloren, nämlich 70.000 „Hörer pro Tag“, und das insbesondere in der werbeträchtigen prime-time.

Der mit der Programmreform geplante Erfolg bei jüngeren HörerInnen ist ausgeblieben. Insgesamt hören von 100 RadiohörerInnen nur 47 überhaupt ein Radio-BremenProgramm.

Die Hansawelle (1. Programm) und das vierte Programm (Jugendwelle) sind für Neumann aber unbestritten. Nur die Kosten für die beiden Kulturprogramme sind ihm zu hoch: Für die wenigen HörerInnen - der Kulturprogramme - auch über das gesamte Verbreitungsgebiet, also Teile Niedersachsens mitgezählt, sind es zusammen gerade 42.000 - gibt Radio Bremen mehr als 50 Prozent seines Etats aus. „Diese Entwicklung ist im Hinblick auf den Gebührenzahler, aber auch auf andere Rundfunkanstalten, die Radio Bremen über den Finanzausgleich mit finanzieren, untragbar.“

Hörfunk-Chef Vinke hat auf diese Kritik mit der Bemerkung reagiert, der Vergleich der aktuellen Werte mit den früheren sei nicht zulässig, da die 93er Media-Umfrage kurz nach der Programmreform stattgefunden habe. Eine Programmreform brauche aber 2-4 Jahre, um zu greifen. Zur breiteren Bekanntmachung der neuen Hörfunk- Programmprofile habe bisher das Geld gefehlt, Radio Bremen plane aber für den Herbst 94 eine breite Werbekampagne. Intern jedoch spricht man bei Radio Bremen über Kooperationen mit dem NDR bei den teuren Kultur- Sendungen.

Heiner Thies, Geschäftsführer des Direktoriums, versichert trotz der untergedeckten Haushalte: „Wir werden liquide bleiben.“ Viele Ausgaben, die derzeit in anderen Sendern unter dem Rotstift stünden, gebe es bei Radio Bremen längst nicht mehr, etwa Chauffeure für Dienstwagen, Boten oder „Probenstudios“. Noch nicht durchgesetzt habe Radio Bremen, daß MitarbeiterInnen bei Dienstreisen nur 2. Klasse fahren dürften. „Da fehlt uns noch die Zustimmung des Personalrates.“ Die Streichung eines der Kulturprogramme kommt für Radio Bremen nicht in Betracht.

Falls 1997 eine Erhöhung der Rundfunkgebühren stattfindet, wird der Etat, so Thies, „weitgehend ausgeglichen“ sein. Sicher sei die Erhöhung aber nicht. Thies: „Wir hoffen darauf.“ Bernd Neumann jedoch hat in seinem Schreiben darauf verwiesen, daß ihm erneute Gebührenerhöhungen schon für das Jahr 1997 „völlig unrealistisch erscheinen“. K.W.