Mut zum Streik erlahmt

■ Noch 25 TU-StudentInnen blockieren den Flugsimulator / Einschüchterungsversuche des Präsidenten zeigen Wirkung

Die BesetzerInnen des Gebäudes für Luft- und Raumfahrttechnik sind spürbar angespannt. Seit Dienstag ist der blaue Bau der Technischen Universität in der Marchstraße blockiert. 25 StudentInnen sind es noch, die die Stellung halten. Anfangs waren es nach eigenen Angaben 150 bis 200 Leute. Nach Meinung der StudentInnen bröckelt ihre Front wegen verschiedener Einschüchterungsversuche von seiten der Universitätsleitung und der Professorenschaft. So wurden beispielsweise Feuerwehr und Polizei des Nachts auf den Plan geschickt, um einen fiktiven Brand zu löschen oder angeblichen Hilferufen aus dem Gebäude nachzugehen.

Doch viel stärker wirkt sich auf die Psyche der StudentInnen für Verkehrswesen und Ingenieurswissenschaften die Strategie von TU-Präsident Dieter Schumann aus. Er forderte den Dekan des Fachbereichs, Heinz Schade, auf, die Namen von Rädelsführern der Besetzung zu nennen, um mögliche Regreßansprüche geltend machen zu können. Dabei geht es vor allem um einen Airbus-Flugsimulator, der zu 90 Prozent von der Industrie benutzt wird. Die Betreibergesellschaft „Zentrum für Flugsimulation Berlin“, die an diesem teuren technischen Gerät Piloten ausbildet, fürchtet Verluste von täglich 15.000 Mark. Schade sprach zwar mit StudentInnen, nannte dem Präsidenten aber keine Namen. Deshalb findet ein Besetzer, Schade sei der „beste Dekan der TU. Der will verhandeln.“ „Der kommt auf die Softi-Tour. Das ist nur eine Masche“, widerspricht ihm ein anderer. „Die stecken alle unter einer Decke. Die tun so verständnisvoll, und hintenrum versuchen sie, die Eisenketten, mit denen die Türen verriegelt sind, durchzusägen.“

Damit drückt der Kommilitone das Mißtrauen eines großen Teils der StudentInnen gegenüber der Professorenschaft der TU aus. Sie beklagen, daß diese nicht hinter ihnen stünde, obwohl sie eigentlich die gleichen Interessen hätte. Den BesetzerInnen ist klar, daß sie mit dem Flugsimulator ein starkes Druckmittel in der Hand haben, denn es geht dabei um wirtschaftliche Aspekte. Doch angesichts der Schadensersatzforderungen ist vielen nicht mehr wohl. „Wir sind nicht auf Konfrontation aus. Wir wollen verhandeln“, meint einer.

Um endlich ein Gespräch in Gang zu bringen, haben sie dem Präsidenten in der Nacht zum Donnerstag ein Papier zugefaxt. Darin fordern sie unter anderem die Aufhebung der Wiederbesetzungssperre für studentische Beschäftigte und einen Appell des Präsidenten an alle HochschullehrerInnen zur Solidarität mit den Streikenden. Außerdem sollen Einzelpersonen für Auswirkungen des Streiks nicht haftbar gemacht werden. Vom Ausgang der Verhandlungen machen es die StudentInnen abhängig, ob sie den Zugang zum Flugsimulator für Pilotenschulungen ermöglichen wollen. Martin Hörnle