: ÖTV fordert vier Prozent mehr
■ Saarland möchte Beamte auf Teilzeit setzen / Bayern dagegen ist für längere Arbeitszeit im öffentlichen Dienst
Berlin (taz) – Die Gewerkschaft ÖTV hat gestern ihre Tarifforderung für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst bekanntgegeben. Insgesamt werden in den kommenden Verhandlungen vier Prozent mehr Lohn und Gehalt gefordert. Auch soll ein weiterer Schritt zur Angleichung der Ost- an die Westeinkommen vereinbart werden. Der Tarifvertrag im öffentlichen Dienst für die rund 2,3 Millionen Arbeiter und Angestellten im Westen und 1,2 Millionen im Osten Deutschlands läuft Ende des Jahres aus. Die ÖTV rechnet damit, daß die Arbeitgeber für eine Nullrunde plädieren.
Die ÖTV-Vorsitzende Monika Wulf-Mathies erklärte gestern, die Gewerkschaft strebe auch eine „soziale Komponente“ an, von der die Bezieher unterer und mittlerer Einkommen profitieren sollten. Die ÖTV sei auch bereit, sich an dem Vier-Prozent-Volumen etwas anrechnen zu lassen, wenn die Arbeitgeber „Garantien für Beschäftigung und Arbeitsplätze“ geben würden. Tarife werden allerdings überregional ausgehandelt, die Stellenkegel aber von den Ländern und Kommunen festgelegt. Die Verhandlungspartner auf der Arbeitgeberseite würden sich daher auf solche Gespräche bislang kaum einlassen, „weil sie sagen, daß sich die Parlamente ihre Kompetenz, Stellenhaushalte zu bestimmen, nicht abnehmen lassen wollen“, so ÖTV-Sprecher Rainer Hillgärtner gegenüber der taz.
Energisch wehrt sich die Gewerkschaft gegen Vorschläge der Länder, die Arbeitszeit für Angestellte im öffentlichen Dienst zu verlängern. In dieser Frage sind die Länder allerdings ohnehin unterschiedlicher Meinung. Das CSU- regierte Bayern möchte die Arbeitszeiten im öffentlichen Dienst verlängern, um damit Kosten und Stellen zu sparen. Das SPD-regierte Saarland ist strikt dagegen. Die unterschiedlichen Ansätze zeigen sich bei neuen Plänen zu Arbeitszeiten der Beamten, die nicht tariflich ausgehandelt werden. Bayern will die Arbeitszeit der Beamten vom 1.Januar 1994 an auf 40 Stunden erhöhen. Entsprechende Verordnungsentwürfe liegen auch in Schleswig-Holstein und Berlin vor. Das SPD-regierte Saarland dagegen möchte durch eine Bundesratsinitiative eine „obligatorische Teilzeitarbeit“ für Beamte gesetzlich ermöglichen. Danach könnte allein der Dienstherr entscheiden, welche Positionen bei Neueinstellungen nur noch mit Halbtagsbeamten oder Beamten auf Zweidrittel-Stellen besetzt würden. Hierfür sind umfangreiche Änderungen des Grundgesetzes, des Beamtenrechtes und der Besoldungsvorschriften erforderlich. Der saarländische Innenminister Friedel Läpple begründete den Vorstoß mit der „äußerst schwierigen Arbeitsmarktsituation“, die erfordere, daß man auch im öffentlichen Dienst „neue Wege“ gehe. Das Land Brandenburg will einen Entschließungsantrag im Bundesrat einbringen, wonach Angestellte auch in Teilzeit in ein Beamtenverhältnis aufsteigen können.
Wie berichtet, sollen im öffentlichen Dienst in den Ländern und Kommunen in den kommenden Jahren Zehntausende von Stellen gestrichen werden. Dabei gibt es in der Regel keine betriebsbedingten Kündigungen von Beschäftigten. Stellen fallen im Zuge der normalen Fluktuation weg. Barbara Dribbusch
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