Endgültig plattgemacht

■ Afrika und die Umwelt sind die Hauptverlierer des Gatt-Abkommens

„Ob zwei Elephanten miteinander kämpfen oder sich lieben, in jedem Fall wird das Gras zertrampelt“, lautet ein afrikanisches Sprichwort. Das gilt auch beim Gatt. Nach einer langen Phase heftigen Streits über Agrarsubventionen, Film- und Fernsehquoten oder die Luftfahrtindustrie – während derer ihnen die wirtschaftlichen Überlebensinteressen der Länder des Südens ziemlich egal waren – haben die beiden Wirtschaftselephanten USA und EU am Ende der Gatt-Verhandlungen den Schulterschluß vollzogen und die anderen 104 Staaten – mit Ausnahme Japans Wirtschaftszwerge — endgültig plattgemacht.

„Wenn der vom Kampf der Elephanten aufgewirbelte Staub sich wieder gelegt hat, werden die ärmsten Länder als die wirklichen Verlierer dastehen“, räumte dieser Tage in Genf selbst der Gatt-Unterhändler der EU, Tran Van Thinh ein. Verlierer sind mit wenigen Ausnahmen einiger südostasiatischer und lateinamerikanischer Staaten sämtliche Länder des Südens, unter ihnen an erster Stelle die 56 Staaten des afrikanischen Kontinents. Schon bislang waren die afrikanischen Staaten nur mit 2,6 Prozent am Welthandel beteiligt. In Folge der vorgesehenen Senkung der Agrarsubventionen in den USA und der EU werden nach Einschätzung des ägyptischen Gatt-Unterhändlers Munir Sahran die Nahrungsmittelpreise auf dem Weltmarkt steigen. Die zahlreichen Getreideimporteure unter den afrikanischen Staaten müßten mehr für ihre Einfuhren zahlen. Gleichzeitig sänken wegen des steigenden Wettbewerbs ihre Exporteinnahmen.

Einer anderer Hauptverlierer ist die Umwelt, und zwar in weltweitem Maßstab. Der Präsident des Wuppertaler Instituts für Klima, Umwelt und Energie, Ernst Ulrich von Weizsäcker, weist auf drei Hauptgefahren hin. Durch den vermehrten Handel nehme der „Transportunsinn“ der „globalen Fabrik“ zu. Länder mit schlechtem Umweltschutz erhielten weitere Wettbewerbsvorteile („Umwelt-Dumping“) und unterminierten damit die Bereitschaft zu verbessertem Umweltschutz. Schließlich ruiniere die durch das Gatt- Abkommen erheblich erleichterte Globalisierung patentierten Saatgutes lokale, umweltangepaßte Agrarstrukturen vor allem in den Staaten des Südens.

Auf diese Gefahren hatten bereits während der über siebenjährigen „Uruguay“-Verhandlungen Greenpeace, der WWF und andere Umweltorganisationen immer wieder hingewiesen. Vergeblich. Die Begriffe „Umwelt“ oder „Ökologie“ kommen im gesamten 400seitigen Vertrag nicht einmal vor. Noch am Mittwoch, kurz vor dem endgültigen Abschluß der Verhandlungen, demonstrierten Greenpeace-Mitglieder in Genf und forderten die Teilnehmerstaaten auf, ihre beim „Umwelt- und Entwicklungsgipfel“ (UNCED) im Juni 92 in Rio gemachten Versprechungen endlich einzulösen. Internationale Handels- und Umweltabkommen müßten sich „gegenseitig unterstützen, um eine nachhaltige Entwicklung zu erreichen“. Andreas Zumach