Klausner - Der Name der Welt

■ Kai Klausner liest aus„Das Leben des Thomas Matuschek“

In Rissen, einem von diesen stimmungsberuhigten Vororten, kommt die Nähe zur Natur von der Stille, in der das Rauschen der Bäume nicht zu überhören ist. Hier wuchs der junge Schriftsteller Kai Klausner auf. Eine von Klausners ersten Erfahrungen beinhaltete die Begegnung mit der Langeweile, diesem Gefühl, das sich gern als Qualitätsgradmesser des Alltags aufführt. Die Langeweile brachte eine Schwester mit: die Melancholie. Ein schönes, dämliches Pflänzchen, dessen Aufblühen schon viele mit der Berufung zum Schriftsteller verwechselt haben.

Der 16jährige entschied sich seinerzeit, den ersten Roman zu schreiben. Heute, im siebten Jahr Praxis, hat Klausner seinen Akti-onsradius erfolgreich erweitert. Alle paar Monate schreibt er ein Fanzine seines Namens voll und gibt für die unbekümmerte Humor-Core-Band Hrubesch Youth einen gockelig-erschütternden Frontmann. Als Klausner plustert sich Kai eindrucksvoll auf. Wer ihm begegnet, erhält einen Schicksalsschlag. „Für den Klausner muß ich alles komprimieren,“ erklärt er. Für längere Texte verordnet sich Klausner ein exposeloses Loslegen. Eingebaut, verbraten und vernäht wird alles, was nach Literatur aussieht und nicht komisch riecht.

In Das Leben des Thomas Matuschek entwirft er erstaunlicherweise eine Hauptfigur, die im Mittelpunkt steht, ohne daß der Roman von ihr handelt. Matuschek geht nach einem Leben aus Niederschlägen in die Abgeschiedenheit Alaskas. Zum Lebensunterhalt stopft er Löcher in einer Öl-Pipeline. Matuschek schließt sich bald der Opposition gegen einen zugereisten Aufschneider an, der mit einem rechtsradikalen Programm für das Amt des Bürgermeisters kandidiert. Klausner prüft schreibend, und das macht die Lektüre aufregend, ob seine Fähigkeiten reichen, der Welt möglichst viele Namen seiner Sprache zu geben.

Ab und an berauscht er sich zu sehr an dem Zauber, den eine Beschreibung ihrem Gegenstand verleiht. Manchmal schimmert auch der Wunsch nach einer Existenz als derjenige Verlierer durch, welcher sich mit dem Helden wenigstens das Publikum teilt. Wie Klausner aber eine sinngemäße „Pflicht zur Würde“ umschreibt, und wie dem Leben des T.M. Tragik neue Gebrauchswerte abgewonnen werden, macht ihm bald keiner mehr vor. In drei Jahren verlegen Kiepenheuer und Witsch Klausners Bücher.

Kristof Schreuf

Lesung: Sonntag, 21 Uhr, Casper's Ballroom, Talstraße