„Dann wird man Euch mit Benzin übergießen“

■ Neonazis: Morddrohungen gegen den Eidelstedter Maler Gerhard Lentz   Von Marco Carini

Zum Abschuß freigegeben. Der Eidelstedter Maler Gerhard Lentz und seine Frau Waltraud werden seit Monaten telefonisch und schriftlich mit Morddrohungen terrorisiert und antisemitischen Schmähungen verunglimpft. Bisheriger Höhepunkt des braunen Terrors: Ein vor wenigen Tagen per Post zugegangenes „Todesurteil“ eines „Organisationskomitees zur Erhaltung des Deutschtums“.

Im Frühjahr dieses Jahres begann für den 47jährigen Maler und seine Frau der tägliche Horror. Lentz hatte der „Morgenpost“ ein Interview gegeben, in dem er von „Ausländer-raus“-Schmierereien am Tor einer Eidelstedter Gärtnerei berichtete, die trotz mehrfacher Beschwerden beim Besitzer nicht entfernt wurden. Der Bericht hatte Folgen: Die rassistischen Sprüche verschwanden über Nacht, der anonyme Telefonterror begann: „Wir zerstückeln deinen Leib und deine Eingeweide“, drohte ein Anrufer.

Und als einzige Hamburger Privatperson landete Gerhard Lentz mit voller Adresse und Telefonnummer in den Nazi-Postillen „Index“ und „Einblick“, in denen 200 Personen, Geschäfte und Organisationen aus der ganzen Republik aufgelistet sind, deren „endgültige Ausschaltung“ propagiert wird. Wegen eines Auftritts im Fernsehmagazin „Stern TV“ Anfang Dezember, bei dem Lentz über die Drohanrufe berichtete, wurden er und seine Frau von einem selbsternannten „Volksgerichtshof“ zum Tode verurteilt.

In dem in Mühlheim/Ruhr aufgegebenen Schreiben, das der Eidelstedter am 14. Dezember in seinem Briefkasten fand, heißt es unter anderem: „Ihr müßt ständig damit rechnen, einen dumpfen Schlag auf Euren dreckigen Judenbirnen zu verspüren, (...) dann wird man Euch mit Benzin übergießen und, ja rate mal, was dann?“. Den Eheleuten wird in dem Schreiben eine Frist von „30 Tagen“ eingeräumt, um „das Reichsgebiet“ in „Richtung Israel“ zu verlassen. Andernfalls würden „unsere Kameraden in Hamburg“ mit der Ausführung des Schuldspruchs „nicht zögern“.

Nachdem die Polizei nach den ersten Telefondrohungen noch erklärte, sie könne „da leider nichts machen“, wurde Gerhard und Waltraud Lentz jetzt „erhöhter Polizeischutz“ gewährt und ihnen eine Geheimnummer gegeben. Polizeipressesprecher Petersen: „Wir nehmen dieses Schreiben sehr ernst“. Lentz' Vermieterin, die SAGA, erklärte sich inzwischen bereit, die Fenster der Eidelstedter Wohnung mit durchschußsicheren Acryl-Fenstern auszurüsten, um die Eheleute gegen „Molotow-Cocktail“-Anschläge zu schützen. Der Ortsausschuß Stellingen und die Eimsbüttler Bezirksversammlung haben ihre Bereitschaft erklärt, mit Finanzzuschüssen bei der Anschaffung zusätzlicher Sicherheitsmaßnahmen zu helfen.

Lentz, Mitglied der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes“ (VVN), will zu den Todesdrohungen „nicht schweigen“, sondern an die Öffentlichkeit gehen, „um ein Zeichen zu setzen, das anderen Mut machen soll“. Denn: „So weit darf es nicht kommen, daß Menschen wie ich sich nicht mehr trauen, ihr Gesicht zu zeigen“. Denn wohin nazistischer Terror führt, der ohne Aufschrei geduldet wird, weiß Lentz aus seiner eigenen Familie. Der Vater des Malers war von den Nationalsozialisten anderthalb Jahre im Konzentrationslager Fuhlsbüttel interniert worden.