Ein bequemer Preis? -betr.: den Kommentar "Birma - so weit weg wie möglich", taz vom 11.12.93

Betr. den Kommentar „Birma – so weit weg wie möglich“, taz vom 11.12.

Wer Ihren Kommentar und Bericht zur Verleihung des Bremer Solidaritätspreises an Aung San Suu Kyi nacheinander liest, wird einigermaßen ratlos sein. Zum einen weisen Sie zu Recht selbst darauf hin, daß dies der erste offizielle deutsche Preis für Suu Kyi ist und wie still es um Birma seit 1991 erneut geworden ist, monieren aber andererseits, daß die Entscheidung des Senats der bequemste Weg bei der Auswahl der Preisträgerin gewesen sei.

Etwas gründlichere Recherche hätte diesen offensichtlichen Widerspruch erklären geholfen. Bereits im Frühjahr 1991 hatte der Beirat des Bremer Solidaritätspreises, der dem Senat jeweils drei gleichberechtigte Vorschläge unterbreitet, Aung San Suu Kyi einstimmig nominiert.

Daß ein halbes Jahr später das Nobelpreiskomitee auf die gleiche Idee kam, hat uns alle im Sinne der Unterstützung dieser mutigen Frau sehr gefreut. Zugleich haben wir aber davon Abstand genommen, den Vorschlag weiter zu verfolgen, da eine Verleihung beider Preise im gleichen Jahr unverständlich gewesen wäre.

Der Senat hat bei seiner Entscheidung, die brasilianischen Regenwaldvölker in Gestalt ihres Sprechers Davi Copenawa Yanomami mit dem dritten Bremer Solidaritätspreis 1992 zu unterstützen, zugleich darauf hingewiesen, daß er die Entwicklung der Situation des Volkes von Myanmar (Birma) sorgsam beobachten und erforderlichenfalls erneut auf den Vorschlag Aung San Suu Kyi zurücckommen werde. Leider hat sich die Lage in Birma weiter zugespitzt, so daß der Senat einstimmig an der Unterstützung von San Suu Kyi festgehalten und ihr den Preis am 10. Dezember 1993 verliehen hat.

Auch mit Ihrer Einschätzung, daß immer die „Großen“ ausgezeichnet werden, treffen Sie höchstens die halbe Wahrheit. Als Winnie und Nelson Mandela 1988 den ersten Solidaritätspreis erhielten, saß Nelson Mandela noch im Gefängnis, und wir bekamen zahlreiche Briefe wegen „Förderung des kommunistischen Terrorismus“. Wichtige Teile der Bremischen Bürgerschaft blieben damals ostentativ der Verleihung fern.

Die Auszeichnung der Flüchtlingsinitiative CRIPDES aus Salvador 1990 und die anschließenden Flüchtlingslagerprojekte bleiben gleichfalls in Ihrem Kommentar unerwähnt.

Der Beirat hat in all den Jahren Vorschläge aus allen möglichen Ecken und Richtungen unserer Gesellschaft bekommen. Ein Vorschlag der taz war bisher nicht dabei. Günther Hilliges Vorsitzender des Beirats